Streit um Schiedsspruch in internationalem Bauprozess
Antragsgegnerin ist eine deutsche Entwicklungsgesellschaft, die mit der Planung, Berechnung und Lieferung einer Kuppel und dreier Dächer für ein Einkaufszentrum in Kasachstan beauftragt wurde. Der Vertrag enthielt auch eine Schiedsvereinbarung. Infolge von Nachtragsvereinbarungen und der Verschiebung von Lieferterminen trat die Antragstellerin von den Verträgen zurück und forderte von der Antragsgegnerin die Zahlung eines ihrer Ansicht nach vergleichsweise vereinbarten Erstattungsanspruchs. An dem von der Antragstellerin eingeleiteten Schiedsverfahren beteiligte sich die Antragsgegnerin mit Ausnahme der Einreichung von Fristverlängerungsgesuchen und einer E-Mail nicht. Das Schiedsgericht vernahm eine russischsprachige Zeugin, deren Aussage von im Lager der Antragstellerin stehenden Personen in die englische Verfahrenssprache übersetzt wurde und verurteilte die Antragsgegnerin schließlich zur Zahlung von rund 830.000 Euro. Während die Antragsgegnerin die Übersetzung der Zeugenaussage durch nicht beeidigte Personen rügte, beantragte die Antragstellerin den Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären.
OLG erklärt Schiedsspruch für vollstreckbar
Das Oberlandesgericht hat dem Antrag mangels Vorliegens von Versagungs- oder Aufhebungsgründen stattgegeben. Insbesondere verstoße die Übersetzung der Zeugenaussage durch nicht beeidigte Personen aus dem Lager einer der Parteien nicht gegen den Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit. Das Schiedsgericht habe vielmehr seine Verpflichtung erfüllt, die "Gleichstellung der Parteien durch eine objektive, faire Verhandlungsführung, durch unvoreingenommene Bereitschaft zur Verwertung und Bewertung des gegenseitigen Vorbringens und durch korrekte Erfüllung seiner sonstigen prozessualen Obliegenheiten zu wahren". Es sei verfahrensfehlerfrei, dass die Aussage der russischsprachigen Zeugen nicht von einem vereidigten Dolmetscher übersetzt worden sei. Die Parteien eines Schiedsverfahrens seien im Grundsatz frei, welche Anforderungen sie an eine Übersetzung von Zeugenaussagen stellen wollen. Sie könnten sowohl vereinbaren, dass Übersetzungen durch Personen erfolgen, die über keine entsprechende formale Qualifikation verfügen als auch, dass die übersetzende Person im Lager einer der Parteien des Schiedsverfahrens steht.
Kein Verstoß gegen ordre public
Für das Schiedsgericht sei der Spielraum für die Ausgestaltung des Schiedsverfahrens grundsätzlich genauso groß wie für die Parteien. Fehle - wie hier - eine Vereinbarung der Parteien zur Frage der Übersetzung fremdsprachiger Zeugenaussagen, verstoße es daher nicht gegen den verfahrensrechtlichen ordre public, wenn das Schiedsgericht die Aussage einer Zeugin nicht von einem vereidigten Dolmetscher in die Verfahrenssprache übersetzen lasse, sondern sich mit der Übersetzung durch eine nicht beeidigte Person begnüge, die zudem im Lager eines der Parteien des Schiedsverfahrens stehe. Durch diese Verfahrensweise habe sich das Schiedsgericht auch in Ermangelung einer neutralen Person, die der russischen Sprache mächtig gewesen wäre, nicht der Antragstellerin "ausgeliefert". Ein Schiedsgericht könne vielmehr ebenso wie ein staatliches Gericht in der Regel - mit Ausnahme gängiger Fremdsprachen - die Übersetzung durch den Dolmetscher nicht überprüfen. Dass eine falsche oder unzureichende Übersetzung vorliege, behaupte die Antragsgegnerin im Übrigen nicht.