Strafbarkeit im "Cum-Ex"-Skandal auch wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat die Tatvorwürfe gegen einen Drahtzieher sogenannter "Cum-/Ex"-Geschäfte in einem Ablehnungsbeschluss über eine Haftbeschwerde nicht nur als Steuerhinterziehung, sondern auch als gewerbsmäßigen Bandenbetrug gewertet. Für die Geschäfte habe eine größere Anzahl von Personen verzahnt in einem bestimmten Zeitfenster abgestimmte Finanztransaktionen vornehmen müssen.

Haftbefehl gegen Drahtzieher von "Cum-/Ex"-Geschäften

Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main führte gegen den gegenwärtig in der Schweiz befindlichen Angeklagten ein Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit dem sogenannten Cum-Ex-Skandal. Der Angeklagte soll als "spiritus rector" ein Betrugssystem entwickelt und umgesetzt haben, das auf "Cum-/Ex"-Geschäften basierte. Das Landgericht Wiesbaden hatte auf die Anklageschrift hin das Hauptverfahren eröffnet und gegen den Angeklagten einen Haftbefehl erlassen. Der Angeklagte bestreitet die Tatvorwürfe und legte gegen den Erlass des Haftbefehls Beschwerde ein.

OLG nimmt gewerbsmäßigen Bandenbetrug an

Die Beschwerde hatte keinen Erfolg. Es bestehe der dringende Tatverdacht des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs sowie der Steuerhinterziehung. Der Senat führte zum Cum-/Ex-System aus, dass in einem ersten Schritt als Vorbereitung für den von Anfang an geplanten Betrug durch Kombination von im Einzelnen zulässigen Finanzinstrumenten "ein tatsächlich existierender Aktienbestand quasi gespiegelt" worden sei. Dies sei geschehen, um scheinbar einbehaltene und damit vermeintlich gezahlte Steuern auf Dividenden vorzutäuschen, mit dem Ziel, darüber eine zweite, tatsächlich unberechtigte Steuerbescheinigung zu erhalten. In einem zweiten Schritt seien dann unter Vorlage dieser zweiten insoweit inhaltlich falschen Steuerbescheinigung unter missbräuchlicher Ausnutzung des formalisierten Steuersystems die Finanzbehörden irrtumsbedingt zur Auszahlung der tatsächlich vorher nicht einbehaltenen Steuern zum Nachteil des deutschen Steuerzahlers veranlasst worden. Alleiniges Ziel sei es dabei von Anfang an gewesen, dieses System solange als möglich zu betreiben und dabei so viel wie möglich unberechtigte Steuerzahlungen für die Bande zu erhalten.

Cum-/Ex-System erforderte verzahnte Zusammenarbeit vieler Personen

Zur Durchführung habe es einer größeren Anzahl von Personen bedurft, die in einem bestimmten Zeitfenster miteinander verzahnt nach einer vorherigen Absprache konkret aufeinander abgestimmte Finanztransaktionen durchführten. Die erlangten Gelder in Höhe von 113 Millionen Euro seien nach einer bestimmten, vorher vereinbarten Quote unter den Mitgliedern des vom Senat als Bande gewerteten Zusammenschlusses mit weiteren fünf Angeklagten und einem verstorbenen Mitglied aufgeteilt worden. Es bestehe auch ein Haftgrund, denn der Angeklagte sei flüchtig.

OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 09.03.2021 - 2 Ws 132/20

Redaktion beck-aktuell, 12. März 2021.