Sachverständige: Hinweis auf "voraussichtlich" höhere Kosten kann ausreichen

Teilt ein Sachverständiger in einer Kindschaftssache dem Gericht mit, dass seine Kosten "möglicherweise" höher als üblich ausfallen könnten, genügt er damit seiner Hinweispflicht. Fragt das Gericht nicht nach, so das OLG Frankfurt a. M., müssen auch keine konkreten Zahlen genannt werden.

Eine Sachverständige wurde in einem Sorgerechtsstreit vom Gericht beauftragt, ein familienpsychologisches Gutachten zu erstellen. Nach einigen Wochen musste sie feststellen, dass sie mehr Zeit für die Ausarbeitung des schriftlichen Gutachtens brauchen würde, weil umfangreiche Nachforschungen und einige Reisen anfielen. Sie warnte den Familiensenat vor, dass die entstehenden Kosten "möglicherweise" unverhältnismäßig werden könnten. Zahlen nannte sie nicht. Das Gericht äußerte sich hierzu nicht, bewilligte aber die beantragte Fristverlängerung zur Abgabe des Gutachtens.

Letztlich rechnete sie bei einem Verfahrenswert in erster Instanz von 4.000 Euro und einem Stundensatz von 120 Euro rund 21.000 Euro ab. Der Bezirksrevisor warf ihr einen Verstoß gegen die Hinweispflicht nach § 407a Abs. 4 S. 2 ZPO vor. Ihr Hinweis auf "möglicherweise" außer Verhältnis zum Streitgegenstand stehenden Kosten sei zu unbestimmt und unzureichend. 

Der 3. Familiensenat des Oberlandesgerichts Frankfurt a. M. stellte sich hingegen auf die Seite der Sachverständigen (Beschluss vom 13.11.2023 – 3 UF 213/21). Ihre in Rechnung gebrachten Beträge seien nicht zu beanstanden. Unabhängig davon, ob § 407 ZPO auf Kindschaftssachen anwendbar sei, habe sie ihrer Hinweispflicht genügt, fanden die Frankfurter Richterinnen und Richter. Konkrete Kostenbeträge hätte sie nur benennen müssen, wenn das Gericht auf ihre Ankündigung hin einen Kostenrahmen vorgegeben hätte. Dies sei aber nicht der Fall gewesen.

OLG: Vertrauen der Gutachterin wird geschützt

"Eine Kürzung der in Rechnung gestellten Vergütung nach § 8a Abs. 3 JVEG wegen Verletzung der Hinweispflicht nach § 407a Abs. 4 S. 2 ZPO, dass voraussichtlich Kosten erwachsen, die erkennbar außer Verhältnis zum Wert des Streitgegenstands stehen – wie vom Bezirksrevisor angeregt –, kommt nicht in Betracht.", entschied das OLG. Dabei könne die in Rechtsprechung und Literatur streitige Frage, ob § 407a Abs. 4 S. 2 ZPO auf die von Amts wegen geführten Kindschaftsverfahren überhaupt Anwendung finde, dahingestellt bleiben, weil die Sachverständige unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes ihrer Hinweispflicht genügt habe. Da der Senat auf ihren Hinweis betreffend die voraussichtlichen Sachverständigenkosten in keiner Weise reagiert habe, vielmehr kommentarlos die weiter beantragte Fristverlängerung zur Gutachtenerstellung bewilligt habe, habe die Expertin darauf vertrauen dürfen, ihrer Hinweispflicht genügend nachgekommen zu sein.

Die Formulierung, dass die voraussichtlichen Kosten "möglicherweise" außer Verhältnis zum Verfahrenswert stehen, stehe dem nicht entgegen, so das OLG weiter. Da der Senat den Wert für das Beschwerdeverfahren noch nicht bestimmt habe, sei die Frage einer solchen Überschreitung schon allein deshalb problematisch, weil unklar sei, ob mit dem Regelwert von 4.000 Euro oder – angesichts der Komplexität des Falles durchaus vertretbar – mit einem gem. § 45 Abs. 3 FamGKG erhöhten Verfahrenswert zu rechnen war.

OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 13.11.2023 - 3 UF 213/21

Redaktion beck-aktuell, ns, 1. Dezember 2023.