Pflichtverteidiger im Lübcke-Prozess abberufen

Im Prozess um den gewaltsamen Tod des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke ist einer der beiden Anwälte des Hauptangeklagten Stephan Ernst abberufen worden. Das Oberlandesgericht Frankfurt gab am 28.07.2020 einen entsprechenden Beschluss bekannt. Die Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen Ernst und seinem Pflichtverteidiger Frank Hannig sei nachvollziehbar, so das Gericht.

Vertrauensverhältnis zum Angeklagten dauerhaft zerstört

Ernst wurde in dem Verfahren bislang von zwei Verteidigern vertreten. Der Kölner Anwalt Mustafa Kaplan hatte am Vortag beantragt, den bisherigen Pflichtverteidiger Frank Hannig zu entpflichten und erklärt, das Vertrauensverhältnis seines Mandanten zu dem Anwalt sei dauerhaft zerstört. Ernst widerrufe auch alle Vollmachten und Genehmigungen, die er Hannig unterschrieben habe, ergänzte Kaplan.

Pflichtverteidiger stellte nicht abgesprochene Beweisanträge

Anlass für den Konflikt waren mehrere nicht abgesprochene Beweisanträge, die Hannig eingebracht hatte. Darin wollte der Anwalt die Vernehmung weiterer Zeugen erreichen, die womöglich ebenfalls am Tatort waren. Auch einen Einbruch im Kasseler Regierungspräsidium, bei dem Akten verschwunden seien, wollte er untersuchen lassen. Der Vorsitzende Richter Thomas Sagebiel hatte daraufhin erklärt, er müsse sich angesichts der Anträge Gedanken machen, ob Ernst eine wirksame Verteidigung habe. Der Deutsche soll im Juni 2019 Lübcke auf der Terrasse von dessen Wohnhaus erschossen haben. Motiv für die Tat war nach Auffassung der Bundesanwaltschaft eine rechtsextremistische Gesinnung.

Redaktion beck-aktuell, 28. Juli 2020 (dpa).