Die wenigsten ausgebrochenen Strafgefangenen dürften sich auf der Flucht vor der Staatsgewalt um ihren Ruf sorgen. Doch ein aus der Justizvollzugsanstalt (JVA) geflüchteter Mann beantragte beim LG Frankfurt am Main eine einstweilige Verfügung gegen eine Zeitung, die über seinen Ausbruch berichtet hatte. Das LG wies seinen Antrag als unzulässig zurück, da er als Adresse eben jene JVA angab, deren Obhut er sich zuvor entzogen hatte. Das OLG bestätigte diese Entscheidung nun (Beschluss vom 7.3.2024 - 16 W 5/24).
Die Zeitung hatte im Januar dieses Jahres in zwei Artikeln unter den Überschriften "(...)-Knacki aus JVA (...) abgehauen!" und "Beim Freigang aus JVA abgehauen: Gefängnis wusste, dass (...)-Knacki fliehen wollte … aber niemand reagierte!" über den Ausbruch berichtet, wobei sie auch Bilder des Entflohenen veröffentlichte.
Über seinen Anwalt verlangte der Mann, während er sich schon auf der Flucht befand, die Unterlassung der Veröffentlichung von Bildern von ihm sowie von Äußerungen, die ihm Drogengeschäfte im Gefängnis und bei Freigängen nachsagten.
OLG: Wer nicht da ist, ist nicht ladungsfähig
Nachdem das LG den Antrag mangels ladungsfähiger Adresse zurückgewiesen hatte, brachte auch die hiergegen eingelegte Beschwerde zum OLG dem flüchtigen Rechtssuchenden keinen Erfolg. Denn die in seinem Antrag genannte Anschrift der JVA entsprach nicht den gerichtlichen Anforderungen: Sie sei nämlich nicht ladungsfähig, da der Mann, der zum Zeitpunkt seiner Flucht im offenen Vollzug war, trotz offener Reststrafe nicht wieder in die JVA zurückgekehrt sei. Er habe damit nach außen bekundet, seinen Aufenthalt in der JVA dauerhaft aufzugeben, so das OLG.
Eine ladungsfähige Anschrift sei zwingende Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Klageerhebung, bestätigte der für Presserecht zuständige 16. Zivilsenat. Zum einen äußere man durch die Angabe einer solchen Adresse die Ernsthaftigkeit des Begehrens und die Bereitschaft, sich etwaiger mit dem Betreiben des Prozesses verbundener nachteiliger Folgen zu stellen, führte der Senat aus. Ein Prozess könne nicht "aus dem Verborgenen" geführt werden.
Ernsthaft erwogen hat das Gericht dann auch, ob sich der Mann ob seiner Flucht auf ein Geheimhaltungsinteresse berufen könnte. Dies kann nach Rechtsprechung des BFH in einzelnen Fällen bei Gefahr einer Verhaftung sogar bejaht werden, wie der Senat wissen ließ. Hier diene die Anschrift aber wichtigen Zwecken wie der Kostenvollstreckung, sodass ein solches Geheimhaltungsinteresse zurückstehen müsse, so der Senat.
Es sei ihm deshalb möglich und zumutbar, eine ladungsfähige Anschrift anzugeben oder wieder in die JVA zurückzukehren. Und wenn schon nicht das, dann hätte sich eben der Verteidiger des Mannes für etwaige Kosten verbürgen müssen, befand das OLG. "Ansonsten könnte der Antragsteller ein Eilverfahren ohne jegliches finanzielle Risiko führen und dieses zur Gänze der Antragsgegnerin auferlegen. Das ist nicht hinzunehmen", befand das OLG.