Die beiden inländischen Banken schlossen zwischen 2013 und 2015 neun Wertpapierdarlehensgeschäfte ab, um trickreich Steuern zu sparen: Die klagende Bank übertrug jeweils festverzinsliche Wertpapiere gegen eine Leihgebühr auf die beklagte Bank. Zur Sicherheit wurden ihr von der beklagten Bank Aktien inländischer Emittenten ausländischer Herkunft übertragen.
Die Transaktionen folgten einem vorab bestimmten Fahrplan: Nach jedem Dividendenstichtag wurden der klagenden Bank neue Aktien zur Sicherheit übertragen, die nach Vereinnahmung der Dividende zurückübertragen wurden. Die Bank behielt zudem die Kapitalertragsteuer ein, führte sie an das zuständige Finanzamt ab und brachte im Rahmen der Körperschaftsteuererklärung die Beträge zur Anrechnung. Für die entgangenen Dividendeneinnahmen zahlte sie der beklagten Bank eine Kompensation.
Im Sommer 2017 äußerte sich das Bundesfinanzministerium zur steuerlichen Behandlung dieser sogenannten Cum/Cum-Transaktionen und stellte klar, wann von einer missbräuchlichen Umgehung der Dividendenbesteuerung auszugehen ist. Im selben Jahr wurden die Wertpapiergeschäfte der klagenden Bank einer Betriebsprüfung unterzogen. Die Bank behauptete, dadurch sei ihr die Anrechnung einbehaltener Kapitalertragsteuer nachträglich teilweise versagt worden. Deshalb seien die geleisteten Kompensationszahlungen zu hoch. Sie verlangte von der beklagten Bank gut 13 Millionen Euro wegen unberechtigter Bereicherung.
Nachträgliche Steueränderungen sind Risiko der klagenden Bank
Das OLG bestätigte jetzt das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main: Die klagende Bank habe keinen Anspruch auf Rückzahlung der Kompensationszahlungen. Die geänderte steuerliche Behandlung führe nicht dazu, dass der rechtliche Grund für die Zahlungen nachträglich weggefallen sei. Der zwischen den Parteien geschlossene Rahmenvertrag sehe keine Rückzahlungspflicht vor.
Für eine ergänzende Vertragsauslegung oder eine Anpassung sei kein Raum. Bei verständiger Auslegung des Vertrags komme es für die Kompensationszahlungen auf die Anrechnungs- und Steuervoraussetzungen zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Ausgleichszahlung an. Nachträgliche Änderungen der Finanzverwaltungspraxis wirkten sich nicht aus.
Die von den Parteien gewählte Gestaltung sei seinerzeit von der Finanzverwaltung zwar gebilligt worden, es sei jedoch ein Restrisiko verblieben, erläuterte das OLG. Dieses Risiko sei von den Parteien erkannt und im Ergebnis der Sphäre der klagenden Bank zugewiesen worden. Diese habe für ihr Tätigwerden ein Entgelt von 2% der Bruttodividende erhalten, was dem 40-fachen der sonst bei Wertpapiergeschäften üblichen Gebühr von 0,05% entsprochen habe. Es liege auf der Hand, dass sie diese Marge nicht ohne gleichzeitige Übernahme der steuerlichen Risiken des Geschäfts hätte erwarten können.
Ergänzend wies der Senat darauf hin, dass die Bank auch nicht dargelegt habe, dass und in welchem Umfang ihr die Erstattung beziehungsweise Anrechnung der einbehaltenen Kapitalertragssteuer auf die vereinnahmten Dividenden tatsächlich versagt worden sei. Die Beklagte hatte nachträgliche Rückforderungsbescheide der Finanzbehörden zu Lasten der Klägerin bestritten.