Corona erlaubt keine einseitige Abweichung von gerichtlicher Umgangsregelung

Ein familiengerichtlich geregelter Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil darf ohne rechtfertigende Änderungsentscheidung des Familiengerichts nicht unter Hinweis auf die Kontaktbeschränkungen wegen der Verbreitung des Corona-Virus verweigert werden. Gegen einen Elternteil, der den Umgang gleichwohl nicht gewährt, kann ein Ordnungsgeld verhängt werden, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main am 08.07.2020.

Gericht regelte Umgang für gemeinsames Kind

Der Umgang des gemeinsam mit der Mutter sorgeberechtigten Vaters mit dem 10-jährigen Kind der Eltern war mit Beschluss des Familiengerichts im August 2018 geregelt worden. Demnach bestand zu Gunsten des Vaters ein regelmäßiger Wochenendumgang sowie ein Ferienumgang mit dem bei der Mutter wohnenden Kind. Bei schuldhaften Zuwiderhandlungen gegen diese Regelungen konnte ein Ordnungsgeld angeordnet werden.

Kindesmutter verweigerte Umgang wegen "Corona-Risikos"

Im März 2020 kam es zum Konflikt zwischen den Eltern hinsichtlich des Umgangs. Ende März teilte die Mutter dem Vater mit, dass sie den direkten Umgang zwischen dem Vater und dem Kind aussetze, da im Haushalt Corona-Risikogruppen lebten. Der Vater könne mit dem Kind telefonieren und es auf dem Balkon sehen. Mit im Haus, jedoch nicht in derselben Wohnung, wohnen die Großeltern des Kindes. Auf Antrag des Vaters setzte das zuständige Familiengericht Ende Mai wegen Zuwiderhandlung gegen die gerichtlich festgelegte Umgangsregelung ein Ordnungsgeld gegen die Mutter fest.

OLG: Verhängung eines Ordnungsgeldes war gerechtfertigt

Das Oberlandesgericht hat die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Mutter zurückgewiesen. Die Verweigerung des persönlichen Kontakts mit dem gemeinsamen Kind sei ein Verstoß gegen die gerichtliche Umgangsregelung, der die Verhängung eines Ordnungsgeldes rechtfertige. Der umgangsverpflichtete Elternteil sei ohne Einverständnis des umgangsberechtigten Elternteils grundsätzlich nicht befugt, entgegen einer familiengerichtlichen Regelung über die Ausgestaltung und das Stattfinden des Umgangsrechts zu disponieren.

Umgangsrecht gilt auch während der Corona-Pandemie

Dies gelte auch in der Corona-Krise. Grundsätzlich hätten die Kontaktbeschränkungen wegen der Verbreitung des Corona-Virus zu keinem Zeitpunkt dazu geführt, dass Umgangskontakte von Elternteilen mit ihren Kindern nicht mehr stattfinden können beziehungswiese konnten. Das Bundesministerium für Justiz habe vielmehr darauf hingewiesen, dass das Umgangsrecht aufgrund der Corona-Pandemie nicht auszuschließen sei. Die Empfehlung, soziale Kontakte möglichst zu vermeiden, beziehe sich nicht auf die Kernfamilie. Hierzu gehörten auch Eltern in verschiedenen Haushalten. Allein der Umstand, dass sich die Mutter irrtümlich zu ihrem Vorgehen berechtigt gefühlt habe, lasse ihr Verschulden nicht entfallen.

OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 08.07.2020 - 1 WF 102/20

Redaktion beck-aktuell, 20. August 2020.