Die Frau hatte ihren Arzt in mehreren Testamenten neben weiteren Freunden und Verwandten als Miterben eingesetzt. In der letzten Version 2021 bat sie den Arzt um Bestätigung ihrer Testierfähigkeit. Der Arzt brachte einen entsprechenden Vermerk auf dem Testament an. Nach dem Tod der Erblasserin beantragen nunmehr der behandelnde Arzt und zwei weitere Miterben die Erteilung eines Erbscheins auf der Grundlage dieses Testaments.
In dem Erbscheinverfahren wurde das Testament von einem der übrigen Miterben angefochten. Es liege ein Verstoß gegen § 32 der Berufsordnung der hessischen Ärztekammer (BO-Ä) vor, kritisierte er. Gemäß § 32 Abs. 1 BO-Ä ist es "Ärztinnen und Ärzten nicht gestattet, von Patientinnen und Patienten (…) Geschenke oder andere Vorteile (…) sich versprechen zu lassen oder anzunehmen, wenn hierdurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird". Des Weiteren sei die herzkranke und pflegebedürftige Erblasserin testierunfähig gewesen. Der Miterbe stellte seinerseits einen Erbscheinsantrag auf der Grundlage eines vorangegangenen Testaments.
Das Nachlassgericht wies beide Erbscheinsanträge zurück. Das Testament aus dem Jahr 2021 sei durch die Erbeinsetzung des behandelnden Arztes wegen eines Verstoßes gegen § 32 BO-Ä teilnichtig, so dass keiner der beiden Erbscheinsanträge zutreffend sei.
Verbot würde unangemessenen in Testierfreiheit eingreifen
Vor dem OLG Frankfurt am Main war nun die hiergegen gerichtete Beschwerde erfolgreich (Beschluss vom 21.12.2023 – 21 W 91/23). Weil es sich um eine bislang noch nicht höchstrichterlich entschiedene Frage handelt, hat es aber die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen.
Der Arzt sei wirksam als Miterbe eingesetzt worden, stellte das Gericht fest. Die berufsständische Regelung in der Satzung der Landesärztekammer stelle zwar ein Verbotsgesetz im Sinn des § 134 BGB dar. Eine verfassungskonforme Auslegung ergebe jedoch, dass ein etwaiger Verstoß des Arztes die Testierung durch den Erblasser nicht nichtig mache.
Anders als vergleichbare Verbotsgesetze für den Bereich der Pflege in Heimen, deren Schutzbereich auch den Testierenden erfasse, richte sich § 32 BO-Ä in erster Linie an den behandelnden Arzt als Mitglied der Ärztekammer und enthalte demnach kein an den Testierenden gerichtetes Testierverbot. "Eine solche Auslegung würde einen unangemessenen Eingriff in die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Testierfreiheit darstellen", begründete der Senat weiter. Konkrete Anhaltspunkte für eine Testierunfähigkeit der Erblasserin lägen ebenfalls nicht vor.