Ausreiseuntersagung gegen Fußballfan erfordert verlässliche Gefahrenprognose

Wegen einer zu Unrecht erfolgten Ausreiseuntersagung sprach das Oberlandesgericht Frankfurt am Main einem Fußballfan Ersatz von Flug- und Übernachtungskosten zu. Die Ausreise zum Zweck der Verfolgung eines auswärtigen Fußballspiels dürfe nur untersagt werden, wenn die Teilnahme infolge vorausgegangener Gewaltbereitschaft des Fans dem Ansehen Deutschlands schade und hinreichende Anhaltspunkte für eine fortbestehende Gewaltbereitschaft vorlägen.

Berufung teilweise erfolgreich

Nachdem das Landgericht Frankfurt die Klage abgewiesen hatte, war die Berufung nun zum Teil erfolgreich. Der Kläger könne jedenfalls Ersatz seiner Flug- und Übernachtungskosten verlangen, entschied das OLG. Die Ausreiseuntersagung habe nicht auf einer ausreichend ermittelten Tatsachengrundlage beruht.

Deutschland muss Schädigung des eigenen Ansehens nicht hinnehmen

Grundsätzlich könne eine Ausreiseuntersagung erfolgen, wenn "bestimmte Tatsachen die Annahme begründeten, dass die innere oder äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland" gefährdet würden. Das gewalttätige Auftreten eines deutschen Fußballfans im Ausland schädige das internationale Ansehen der Bundesrepublik. Es bestehe deshalb eine staatliche Verpflichtung, gewalttätige Auseinandersetzungen anlässlich von sportlichen Großereignissen zu verhindern.

Gefahrenprognose des handelnden Beamten nicht ausreichend

Ob im Einzelfall im Hinblick auf ein zu befürchtendes gewalttätiges Auftreten im Ausland eine Ausreiseuntersagung auszusprechen ist, müsse der handelnde Beamte vorausschauend auf Basis der ihm zur Verfügung stehenden Informationen entscheiden. Konkrete Tatsachen für die angestellte Gefahrenprognose seien hier nicht beigebracht worden. Da der Kläger seit knapp drei Jahren "unauffällig" geblieben sei, obwohl er über 100 Fußballspiele aufgesucht habe, erweise sich das Ausreiseverbot in diesem Fall als unverhältnismäßig.

Kein Schmerzensgeld

Schmerzensgeld stehe dem Kläger dagegen nicht zu. Voraussetzung wäre eine schwere Verletzung seines Persönlichkeitsrechts. Dies habe der Kläger nicht dargetan. Sein Hinweis, die Maßnahme sei zu großen Teilen in der Öffentlichkeit erfolgt, genüge nicht. 

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 17.12.2020 - 1 U 285/19

Redaktion beck-aktuell, 18. Dezember 2020.