Anscheinsbeweis: Trunkenheit am Steuer ursächlich für Unfall

Kommt es zu einem Unfall in einer Verkehrslage, die ein nüchterner Fahrer hätte meistern können, spricht ein Anscheinsbeweis dafür, dass die Trunkenheit für den Unfall ursächlich war. Dies hat das OLG Frankfurt a.M. entschieden und einer schwer verletzten Fußgängerin 52.500 Euro Schmerzensgeld zugesprochen.

Mit 0,96 Promille Alkohol im Blut war ein Mann mit seinem Pkw in einer Kleinstadt unterwegs. Eine Frau, die gerade mit vier anderen Menschen die Straße überquerte, wurde von seinem Auto erfasst, in die Höhe geschleudert und schwer verletzt. Das LG gab ihrer Schadensersatzklage mit einer Haftungsquote von 50% statt. Die Geschädigte legte Berufung ein – teilweise mit Erfolg. Das OLG erhöhte die Haftungsquote des Fahrers auf 75% (Urteil vom 25.01.2024 – 26 U 11/23).

Der Pkw-Fahrer habe gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot verstoßen, weil er nicht gebremst habe. Zudem sei er erheblich alkoholisiert Auto gefahren. Auf ein verkehrsgerechtes Verhalten der Fußgängerin habe er nicht vertrauen dürfen – unter anderem wegen der eigenen regelwidrigen Trunkenheit.

Gericht: Nüchterner Fahrer hätte rechtzeitig gebremst

Es sei davon auszugehen, dass dem Fahrer der Verkehrsverstoß unterlaufen sei, weil er alkoholisiert gewesen sei. Insoweit spreche ein Anscheinsbeweis für die Ursächlichkeit der Trunkenheit für einen Unfall, "wenn dieser sich in einer Verkehrslage und unter Umständen ereignet, die ein nüchterner Fahrer hätte meistern können". So liege es hier. Angesichts der freien Sicht für den Fahrer bestehe kein Zweifel, dass "ein nüchterner Fahrer die Gruppe um die Klägerin wahrgenommen und rechtzeitig gebremst hätte".

Die Fußgängerin müsse sich jedoch ein Mitverschulden in Höhe von 25% anrechnen lassen. Der Fahrer sei für sie erkennbar gewesen, als sie die Fahrbahn betreten habe. Unter Berücksichtigung der Schwere der Verletzungen, des dadurch bedingten Leidens, des Grad des Verschuldens und der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit sei ein Schmerzensgeld von 70.000 Euro angemessen. Nach Abzug des Mitverschuldensanteils der Frau verbleibe ein Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 52.500 Euro neben einem Anspruch auf die entstandenen materiellen Schäden.

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 25.01.2024 - 26 U 11/23

Redaktion beck-aktuell, ew, 7. Februar 2024.