Verzinsung des gezahlten Kaufpreises begehrt
Der Kläger im Verfahren 17 U 290/18 hatte im Mai 2013 einen gebrauchten Golf VI Variant zum Preis von 16.955 Euro erworben. Das Fahrzeug ist mit dem Diesel-Motor EA 189 ausgestattet. Zwischenzeitlich ist er mit dem Auto rund 66.670 Kilometer gefahren. Nach Bekanntwerden des Manipulationsvorwurfes hat er die Herstellerin des Fahrzeugs wegen sittenwidriger Schädigung unter anderem auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs in Anspruch genommen und begehrt zudem die Verzinsung des gezahlten Kaufpreises mit 4%. Das Landgericht hatte dem Kläger einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich eines Nutzungsvorteils von 4.328,18 Euro für die gefahrenen Kilometer – insgesamt 12.626,82 Euro – zugebilligt. Mit seiner Berufung wollte der Kläger zusätzlich eine Verzinsung des entrichteten Kaufpreises in Höhe von 4% p.a. ab Zahlung erhalten. Dies entsprach bis zum Verhandlungsschluss einem Betrag von weiteren 4.394,36 Euro, also ungefähr der Höhe der abzuziehenden Nutzungsvorteile.
OLG verneint Anspruch
Das OLG hat einen Anspruch auf Verzinsung abgelehnt. Nach § 849 BGB könne zwar derjenige, dem durch eine unerlaubte Handlung eine Sache oder Geld entzogen werde, als Mindestbetrag zur Kompensation für die erlittene Einbuße an Nutzungsmöglichkeit eine Verzinsung von 4% ab Entziehung gewährt werden. Der Kläger habe hier jedoch keinen Nutzungsausfall wegen des gezahlten Kaufpreises erlitten. Die Kaufpreiszahlung sei mit der Übertragung des Eigentums an dem Fahrzeug Golf VI und dessen uneingeschränkter Nutzung zwingend verbunden gewesen. Der Kläger habe nicht dargelegt, welche "erheblichen Einschränkungen der Funktionstauglichkeit" des Fahrzeuges schon zum Zeitpunkt der hier maßgeblichen Überlassung am 29.05.2013 konkret vorgelegen hätten und dass sich zum Zeitpunkt der Zahlung schon die Gefahr der Betriebsuntersagung in einem geringeren Verkehrswert des Fahrzeugs abgebildet habe. Das OLG hat zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zum BGH zugelassen.
Kein Schadenersatz bei Erwerb im Sommer 2016
In seinem weiteren Urteil vom 27.11.2019 (Az.: 17 U 113/18) hat das OLG bekräftigt, dass VW nicht auf Schadenersatz gegenüber Käufern haftet, die ihr Fahrzeug erst im Sommer 2016 erworben haben. Es liege kein Zurechnungszusammenhang zwischen dem grundsätzlich haftungsbegründenden Verhalten von VW (dem Entwickeln und Inverkehrbringen der mit dem Motor EA 189 ausgestatteten Fahrzeuge) und einer möglichen Schädigung späterer Erwerber dieser Fahrzeuge mehr vor. Dieser Zusammenhang sei vielmehr durch die von VW seit dem 22.09.2015 eingeleiteten Informationsmaßnahmen unterbrochen worden. VW habe jedenfalls im Sommer 2016 das zu diesem Zeitpunkt subjektiv und objektiv Mögliche getan, um potentielle Gebrauchtwagenkunden vor etwaigen Vermögensschäden zu bewahren.
Streit um Thermofenster
Schließlich hat das OLG im Verfahren 6 U 119/18 erstmals zur Bewertung des sogenannten Thermofensters Stellung genommen. Der Kläger hatte einen Mercedes Vito 114 CDI für knapp 60.000 Euro erworben. Das Fahrzeug verfügte über den Motortyp OM 651, Variante N1. Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) hat diesen Fahrzeugtyp nicht zurückgerufen. Der Kläger begehrte von Daimler Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich gezogener Nutzungen. Das LG hatte der Klage zum überwiegenden Teil stattgegeben. Die hiergegen eingelegte Berufung hatte vor dem OLG Erfolg. Es hat die Klage vollumfänglich abgewiesen.
OLG verneint Schädigungsvorsatz
Dem Kläger stehe kein Anspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zu, da ein Schädigungsvorsatz fehle, so das OLG. Das vom Kläger gerügte Thermofenster führe dazu, dass bei Erreichen eines bestimmten unteren Temperaturgrenzwertes die Abgasreinigung abgeschaltet werde. Diese Abschalteinrichtung sei auf dem Prüfstand und auf der Straße aktiv. Für diese Abschalteinrichtung würden Gesichtspunkte des Motors beziehungsweise Bauteilschutzes angeführt. Damit könne nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass "die Handelnden beziehungsweise Verantwortlichen bei der Beklagten in dem Bewusstsein gehandelt haben, möglicherweise eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden", urteilte das OLG. Allein die Existenz eines Thermofensters rechtfertige nicht den Rückschluss auf einen Schädigungsvorsatz.