OLG Frankfurt am Main: Versorgungsunternehmen darf vertragliche Preisänderungsklauseln nicht einseitig ändern

Ein Fernwärmeversorger ist nicht berechtigt, eine mit seinen Kunden vertraglich vereinbarte Preisänderungsklausel einseitig durch öffentliche Bekanntmachung zu ändern. Ein Verbraucherschutzverband kann deshalb verlangen, dass der Versorger zukünftig derartige irreführende Mitteilungen nicht mehr verschickt und an die Kunden Berichtigungsschreiben versendet, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main am 21.03.2019 (Az.: 6 U 190/17).

Streit um angekündigte Änderung des Preissystems durch öffentliche Bekanntmachung

Die Beklagte ist eine Fernwärmeversorgerin. Sie schloss mit ihren Kunden Belieferungsverträge, die eine Preisänderungsklausel enthielten. Im Herbst 2015 teilte sie ihren Kunden mit, dass sie ihr Preissystem und die Preisänderungsklausel durch öffentliche Bekanntmachung ändern werde. Der klagende Verbraucherschutzverband hält die mitgeteilte einseitig vorgenommene Änderung der Preisänderungsklausel für unwirksam. Er verlangt von der Beklagten, dass sie künftig derartige Mitteilungen nicht mehr verschickt und entsprechende Berichtigungsschreiben an ihre Kunden sendet.

OLG: Vertragspartner können Verträge nur gemeinsam ändern

Das LG hat der Klage stattgegeben (BeckRS 2017, 129403). Die hiergegen gerichtete Berufung hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Beklagte sei nicht befugt, die mit ihren Kunden vertraglich vereinbarten Preisänderungsregelungen in den bestehenden Versorgungsverträgen einseitig durch öffentliche Bekanntmachung zu ändern, stellt das OLG fest. Grundsätzlich könnten Verträge nur durch übereinstimmende Erklärungen der Vertragspartner geändert werden. Dies gelte auch hier.

AVBFernwärmeV entbinden nicht von vertraglicher Änderung

Die Allgemeinen Vertragsbedingungen für Fernwärme (AVBFernwärmeV) wichen von diesem Grundsatz auch nicht ab. Insbesondere enthalte § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV allein die weitere formelle Voraussetzung, dass Änderungen der allgemeinen Versorgungsbedingungen erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam werden. An der Notwendigkeit einer vertraglichen Vereinbarung ändere dies nichts.

Interessen des Versorgers durch Möglichkeit der Änderungskündigung hinreichend gesichert

Die Interessenlage der Beklagten gebiete auch keine andere Auslegung. Auch mit vertragsrechtlichen Mitteln, insbesondere mit einer Änderungskündigung, könne der Versorger auf etwaige Änderungen seiner Kostenstruktur hinreichend reagieren. Im Fall kurzfristiger Änderungen komme sogar eine außerordentliche Änderungskündigung in Betracht.

Versorger muss für Klarstellung sorgen

Die vom Versorger versandte Mitteilung über die Möglichkeit, zukünftig einseitige Änderungen der Preisregelungen vornehmen zu können, sei unrichtig und irreführend, stellt das OLG heraus. Die Verbraucher würden über ihre wahren Rechte getäuscht. Der Kläger könne deshalb verlangen, dass die Beklagten diese Schreiben nicht mehr versenden. Die Beklagte sei außerdem verpflichtet, die durch ihr Schreiben verursachte Fehlvorstellung der Verbraucher über die Berechtigung zur einseitigen Änderung der Preisänderungsklausel zu beseitigen. Sie müsse deshalb Berichtigungsschreiben versenden.

Revision zum BGH zugelassen

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Das OLG hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Die Frage, ob ein Versorger zur einseitigen Änderung einer vertraglichen Preisänderungsklausel befugt ist, könne sich in einer Vielzahl von Fällen stellen und sei höchstrichterlich nicht geklärt, begründet das OLG die Zulassung. Es weist abschließend darauf hin, dass es auch in dem Parallelverfahren 6 U 191/17 mit Urteil vom 21.03.2019 in der dargestellten Weise entschieden habe.

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 21.03.2019 - 6 U 190/17

Redaktion beck-aktuell, 21. März 2019.