Verlangen (korrigierten) Nachlassverzeichnisses löst Pflichtteilsstrafklausel in Berliner Testament nicht aus

Bei einem Berliner Testament mit Pflichtteilsstrafklausel wird die Strafklausel nicht schon dadurch ausgelöst, dass der Schlusserbe nach dem Tod des Erstversterbenden die Vorlage eine Nachlassverzeichnisses sowie dessen Korrektur fordert. Dies hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschieden. Darin allein liege noch kein Fordern des Pflichtteils, sondern nur das Verlangen einer Auskunft über den Wert des Nachlasses, die für eine sinnvolle Entscheidung erforderlich sei.

Berliner Testament mit Pflichtteilsstrafklausel aufgesetzt

Die Erblasserin war Witwe. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor, von denen eines vorverstorben war und zwei Kinder hinterließ. Einige Jahre vor dem Tod des erstverstorbenen Ehemannes hatten die Eheleute ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten und ihre Kinder, ersatzweise deren Abkömmlinge zu Schlusserben des Längstlebenden beriefen. Für den Fall, dass einer der Schlusserben nach dem Tod des Erstverstorbenen seinen Pflichtteil fordert, bestimmten die Eheleute, dass er dann auch nach dem Längstlebenden nur seinen Pflichtteil erhalten solle (sog. Pflichtteilsstrafklausel).

Pflichtteilsstrafklausel durch Auskunftsverlangen ausgelöst?

Nach dem Tod des Ehemanns forderte die Beschwerdeführerin die Erblasserin auf, ihr ein Nachlassverzeichnis vorzulegen und verlangte nach dessen Zusendung eine Nachbesserung sowie die Vorlage eines Wertgutachtens betreffend einer in den Nachlass fallenden Immobilie. Zu einer Auszahlung oder einer gerichtlichen Geltendmachung des Pflichtteils kam es nicht. Als auch die Erblasserin gestorben war, beantragte die Antragstellerin als eine der Schlusserben einen gemeinschaftlichen Erbschein auf der Grundlage des gemeinschaftlichen Testaments der Eheleute. Sie berücksichtigte dabei allerdings nicht die Beschwerdeführerin, da diese ihren Erbanteil verwirkt habe. Das Nachlassgericht kündigte mit dem angefochtenen Beschluss den Erlass des beantragten Erbscheins an. Dagegen legte die Beschwerdeführerin Beschwerde mit dem Argument ein, sie habe nicht ihren Pflichtteil nach dem Tod des Erstverstobenen von der nunmehrigen Erblasserin gefordert.

OLG: Auskunftsverlangen allein noch kein Fordern des Pflichtteils

Das OLG gab ihr Recht. Die Pflichtteilsstrafklausel sei vorliegend nicht erfüllt. Auch wenn das Einfordern des Nachlassverzeichnisses und die hieran geübte Kritik zu einer Belastung der überlebenden Ehegattin geführt hätten, sei darin allein noch kein Fordern des Pflichtteils nach § 2303 Abs. 1 BGB zu sehen, sondern zunächst nur das Verlangen einer Auskunft über den Wert des Nachlasses im Sinne von § 2314 Abs. 1 BGB. Auf eine solche Auskunft sei der Pflichtteilsberechtigte angewiesen, um eine für ihn sinnvolle Entscheidung treffen zu können. Eheleute, die bereits den überlebenden Ehegatten vor einem Auskunftsverlangen der Schlusserben schützen wollten, müssten dies ihm Rahmen der testamentarischen Pflichtteilsstrafklausel deutlich zum Ausdruck bringen.

OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 01.02.2022 - 21 W 182/21

Redaktion beck-aktuell, 28. März 2022.