Streit um Einordnung eines Hustensafts
Die Parteien streiten um die Einordnung des von der Beklagten vertriebenen Produkts "Mucosolvan PHYTO Complete" als (Präsentations-)Arzneimittel oder Medizinprodukt. Ein Präsentationsarzneimittel liegt vor, wenn die Präsentation des Produkts den Eindruck erweckt, dass es heilende Wirkung im Sinne eines Arzneimittels hat. Dies sei hier der Fall, meint die Klägerin. Mangels Arzneimittelzulassung habe die Beklagte den Vertrieb zu unterlassen. Das Produkt enthalte die zwei anerkannten und monografierten Arzneipflanzen Spitzwegerich und Thymian, die seit jeher bei der Behandlung von Husten eingesetzt würden und deren pharmakologische Wirkung unbestritten sei. Unter der Dachmarke "Mucosolvan" vertreibe die Beklagte zudem zahlreiche als Arzneimittel zugelassen Hustensäfte.
Weiterer Vertrieb im Eilverfahren noch untersagt
Im vorausgegangenen Eilverfahren hatte das OLG der Beklagten den weiteren Vertrieb untersagt, da diese nicht nachgewiesen habe, dass der Vertrieb des Hustensaftes als Medizinprodukt von einer behördlichen Erlaubnis gedeckt sei. Vorgelegt worden sei allein ein hinsichtlich der maßgeblichen Passagen geschwärzter Bescheid des BfArM. Im nunmehrigen Hauptsacheverfahren hat die Beklagte den vollständigen ungeschwärzten Bescheid des BfArM vorgelegt. Demnach handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Präparat nicht um ein zulassungspflichtiges Arzneimittel.
Klage gegen Weitervertrieb erfolglos
Das OLG hat deshalb die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts (PharmR 2020, 627) zurückgewiesen. Der Bescheid des BfArM entfalte Tatbestandswirkung. Der Senat sei an die dortige Feststellung gebunden, dass das Produkt kein zulassungspflichtiges Arzneimittel sei. Soweit die Klägerin meine, die Bescheidsbegründung sei inhaltlich fehlerhaft, könne sie damit nicht gehört werden. Es sei gerade Sinn der Tatbestandswirkung, dass die fachlich kompetente Verwaltungsbehörde eine abschließende Entscheidung treffe, die von den Zivilgerichten – unabhängig von der Rechtmäßigkeit – nicht nachprüfbar sei.
Grenze der Tatbestandswirkung hier nicht erreicht
Der weitere klägerische Einwand, dass das BfArM nicht die streitgegenständliche Werbung, sondern nur die Produktverpackung der Beurteilung zugrunde gelegt habe, greife ebenfalls nicht. Gegenstand der Prüfung sei das Produkt nebst der Produktverpackung und dem Informationsblatt gewesen. Bei der Prüfung sei jedoch auch berücksichtigt worden, dass das Produkt den äußeren Anschein eines Arzneimittels erwecke. Dies habe jedoch nicht für eine Einstufung als (Präsentations-) Arzneimittel ausgereicht. Soweit die Tatbestandswirkung ihre Grenze in der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes finde, sei diese Grenze hier nicht erreicht. Das BfArM habe vertretbar ausgeführt, dass das Produkt zwar die objektiven Kriterien eines Präsentationsarzneimittels erfülle, im Rahmen einer Gesamtwürdigung aber aufgrund der physikalisch wirkenden bestimmungsgemäßen Hauptwirkung dennoch als Medizinprodukt einzuordnen sei.
Durch Behörde erlaubtes Verhalten keine Irreführung
Der Kläger könne sich auch nicht auf eine Irreführung nach § 5 UWG berufen. Ein von einer Verwaltungsbehörde durch Verwaltungsakt erlaubtes Verhalten stelle selbst dann keine Irreführung dar, wenn die Voraussetzungen für die Erlaubnis tatsächlich nicht vorliegen würden. Im Rahmen einer Interessenabwägung könne ein Unterlassungsanspruch nicht wegen eines Verhaltens begründet werden, dass einer gesetzlichen Erlaubnis entspreche. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann der Kläger die Zulassung der Revision beim Bundesgerichtshof begehren.