OLG Frankfurt am Main: Reisekosten eines Drittort-Anwalts trotz Niederlassung der Sozietät am Gerichtsort zu erstatten

Reisekosten eines Anwalts zum Termin sind auch dann erstattungsfähig, wenn der Anwalt seinen Sitz an einem Drittort hat, zugleich aber Mitglied einer überörtlichen Sozietät ist, die auch über eine Niederlassung am Ort des Prozessgerichts verfügt. Dies hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in einem Beschluss vom 24.03.2020 unterstrichen (Az.: 18 W 32/20).

LG: Klägerin soll Reisekosten für Anwalt an Drittort erstatten

Die Parteien stritten vor dem Landgericht Frankfurt am Main um eine Geldentschädigung im Zusammenhang mit einer Presseberichterstattung. Die unterlegene Klägerin wurde unter anderem verpflichtet, die Reisekosten des von den Beklagten beauftragten Hamburger Rechtsanwalts zu einem Termin vor dem LG zu erstatten. Der Anwalt war Mitglied einer überörtlichen Sozietät, die auch in Frankfurt am Main einen Sitz hat. Die verklagten Medienunternehmen sind in Berlin ansässig.

OLG: LG muss über Kostenfestsetzung neu entscheiden

Die Klägerin legte gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Beschwerde ein. Daraufhin gab das OLG die Sache zur erneuten Entscheidung an das LG zurück. Ein gemeinsamer Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten sei nur zulässig, wenn er erkennen lasse, zu wessen Gunsten jeweils welcher Erstattungsbetrag verlangt werde. Dies sei hier noch aufzuklären.

Festsetzung der Reisekosten trotz Vor-Ort-Niederlassung aber nicht zu beanstanden

Das OLG führte aber aus, dass die Festsetzung der Reisekosten sowie des Tage- und Abwesenheitsgeldes der Sache nach grundsätzlich nicht zu beanstanden seien. Grundsätzlich seien auch Reisekosten eines Prozessbevollmächtigten erstattungsfähig, wenn dieser weder am Ort der Mandanten noch des Prozessgerichts sitze. Dies gelte auch, wenn er zugleich Mitglied einer überörtlichen Sozietät sei, die über eine Niederlassung am Ort des Prozessgerichts verfüge. Wesentliches Argument für die Erstattungsfähigkeit der Reisekosten sei zwar, dass der Auftraggeber oftmals auf eine räumliche Nähe für ein persönliches Beratungsgespräch achte. Der Auftraggeber müsse sich jedoch bei einem Verzicht auf diese räumliche Nähe zu seinem Bevollmächtigten nicht darauf verweisen lassen, er habe genauso gut einen Bevollmächtigten aus der Niederlassung am Ort des Prozessgerichts wählen können und aus Gründen der Kostenschonung wählen müssen.

Besonderes Vertrauensverhältnis zum beauftragten Anwalt maßgeblicher Aspekt

Ein wesentlicher Grund für die Beauftragung eines Rechtsanwaltes sei vielmehr neben der räumlichen Nähe für persönliche Beratungen auch und gerade das besondere Vertrauensverhältnis, betont das OLG. Dieses Vertrauensverhältnis könne auf Aktenkenntnis oder langjähriger Beratung und erfolgreicher Zusammenarbeit gründen. Es sei damit ein rechtlich anzuerkennender Vorteil aus der Sicht des Mandanten. Zwar dürfe auch dieses besondere Vertrauensverhalten nicht dazu führen, dass der Kostengläubiger jedwede Mehrkosten für die Inanspruchnahme seines "Hausanwalts" auf den Gegner abwälzt. In den Grenzen der notwendigen (fiktiven) Reisekosten des Prozessbevollmächtigten am Sitz der Partei blieben sie aber erstattungsfähig, auch wenn sich der Sitz des Prozessbevollmächtigten am dritten Ort befinde.

Keine Überprüfung des Vertrauensverhältnisses im Einzelfall

Selbst dann, wenn die überörtliche Sozietät des Rechtsanwalts zugleich am Ort des Prozessgerichts vertreten sei, sei hiervon nicht abzuweichen. Denn zu deren Mitgliedern werde zwar formal eine Mandats-, aber typischerweise kein Vertrauensverhältnis bestehen, so das OLG. Dabei finde auch keine Überprüfung statt, ob und inwieweit das Vertrauensverhältnis zum Prozessbevollmächtigten im Einzelfall tatsächlich gegeben sei. Dies liefe auf eine Einzelfallkontrolle hinaus, die dem auf Vereinfachung angelegten Kostenrecht grundsätzlich fremd sei.

OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 24.03.2020 - 18 W 32/20

Redaktion beck-aktuell, 2. April 2020.

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