Polizistin wegen nicht anlassbedingter Bildaufnahmen im Dienst zu entschädigen

Eine zu reinen werbe- beziehungsweise kommerziellen Zwecken nicht anlassbedingte Bildaufnahme einer Polizeibeamtin im Dienst stellt eine Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar. Dies hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschieden und einer Polizistin, die bei einem Einsatz gefilmt worden war, eine Entschädigung von 2.000 Euro zugesprochen. Die Aufnahmen waren in einem Musikvideo zu Werbezwecken verwendet worden.

Aufnahmen von Polizistin bei Demo-Einsatz in Musikvideo verwendet

Die Klägerin ist Polizeibeamtin. In Ausübung ihres Dienstes im Zusammenhang mit einer angekündigten Demonstration gegen einen Auftritt der Beklagten in der ÖVB-Arena in Bremen wurde sie ohne ihr Wissen und ohne ihre Einwilligung gefilmt. Diese Filmaufnahmen wurden später in einem Musikvideo zu Werbezwecken verwendet, dass auf YouTube veröffentlicht und über 150.000 Mal aufgerufen wurde. Die Klägerin war dort – in Zeitlupe – für einen Zeitraum von etwa zwei Sekunden zu sehen. Nach klägerischer Abmahnung ist sie in dem Musikvideo nur noch verpixelt zu sehen. Das Landgericht Darmstadt gab der Entschädigungsklage statt (ZUM-RD 2020, 72).

OLG bestätigt Entschädigungsanspruch

Das OLG bestätigte, dass die Klägerin wegen einer schwerwiegenden Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung habe. Die Verbreitung beziehungsweise Zurschaustellung der Bilder der Klägerin sei rechtswidrig erfolgt. Insbesondere sei die Klägerin durch ihren Einsatz als Polizeibeamtin nicht Teil eines zeitgeschichtlichen Ereignisses geworden, hinsichtlich dessen das Informationsinteresse der Öffentlichkeit ihr Schutzinteresse überwiegen würde. Es sei vielmehr "vorliegend kein Gesichtspunkt erkennbar, der im Rahmen einer öffentlichen Meinungsbildung im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Polizeieinsatz auch nur ansatzweise die persönliche Identifizierbarkeit der Klägerin erforderlich machen könnte".

Aufnahmen lag rein kommerzielles Verwertungsinteresse zugrunde

Eine Meinungsbildung über den Polizeieinsatz im Bereich der ÖVB-Arena sei vielmehr völlig unabhängig von der Teilnahme der Klägerin hieran möglich. Die durch die Zeitlupeneinstellung besonders hervorgehobene Darstellung der Klägerin habe damit nicht der Information der Öffentlichkeit im Rahmen der Kontrolle des staatlichen Machtmonopols gedient, sondern sei allein "von dem kommerziellen Verwertungsinteresse der Beklagten bei Erstellung und Verbreitung des streitgegenständlichen Musikvideos getragen" gewesen.

Persönlichkeitsrecht der Abgebildeten vorrangig gegenüber Werbeinteressen

"Derartige wirtschaftliche- beziehungsweise Werbeinteressen treten regelmäßig hinter das Interesse des Abgebildeten", betonte das Gericht. Darüber hinaus würden für die Verbreitung von Bildern von Polizeibeamten im Einsatz die gleichen Regeln wie für Privatpersonen gelten: Sie dürften einzeln nur dann aufgenommen werden, wenn ihr Verhalten Anlass dazu gebe. Eine solche anlassbedingte Situation habe hier nicht vorgelegen.

Entschädigung in Höhe von 2.000 Euro vorliegend angemessen

Die Höhe der Geldentschädigung sei auf Basis der Bewertung der Gesamtumstände des Einzelfalls festzusetzen. Angemessen, aber auch ausreichend seien hier 2.000 Euro. Zu berücksichtigen sei einerseits, dass das Musikvideo auf der Plattform YouTube mehr als 150.000 Mal aufgerufen worden sei. Der Beweggrund zur Veröffentlichung sei zudem ausschließlich kommerziell begründet gewesen. Zu beachten sei andererseits, dass die Bildsequenz, in der die Klägerin zu sehen sei, nur gut zwei Sekunden andauerte und mit ihrer Bilddarstellung keine ehrenrührige oder gar verächtlichmachende Darstellung verbunden gewesen war.

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 19.05.2021 - 13 U 318/19

Redaktion beck-aktuell, 1. Juni 2021.