Nackter Vermieter im Hof ist kein Mietmangel
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Durch den sich im Hof nackt sonnenden Vermieter wird die Gebrauchstauglichkeit angemieteter Büroräume im Frankfurter Westend nicht beeinträchtigt. Dies hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main im Streit um mehrere vermeintliche Mietmängel der in einem gemischt genutzten Haus liegenden Büroetage entschieden. Es fehle insoweit an einer unzulässigen, gezielt sittenwidrigen Einwirkung auf das Grundstück, teilte das Gericht am Mittwoch mit.

Vermieter verlangte rückständige Mieten

Die vom Kläger vermietete Büroetage befindet sich in einem Gebäude, das zum Teil zu reinen Wohnzwecken genutzt wird. Auch der Kläger selbst wohnt in dem Haus. Die Beklagte minderte die Miete nach knapp einjähriger Mietzeit. Mit seiner Klage begehrte der Vermieter unter anderem rückständige Mieten. Das Landgericht hatte der Klage hinsichtlich der ausstehenden Mieten nach einer aufwändigen Beweisaufnahme überwiegend stattgegeben.

"Ruhe und Gediegenheit" als Bestandteil vertraglicher Beschaffenheit

Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte vor dem OLG nur geringfügig Erfolg. Zu Recht habe die Beklagte die Miete allerdings wegen umfangreicher Bauarbeiten in der Nachbarschaft gemindert, führte das OLG aus. Im Hinblick auf die Beeinträchtigung der Nutzbarkeit der Räume durch Lärm und Staubimmissionen im Umfeld des Mietobjektes habe die Beklagte für drei Monate die Miete um 15% mindern dürfen. Die Baumaßnahmen in der Nachbarschaft und damit verbundene Beeinträchtigungen seien hier nicht mehr als unwesentlich oder ortsüblich einzuordnen. Für die Höhe der Minderung sei einerseits wesentlich, dass keine Zugangsbeeinträchtigung für die Laufkundschaft entstanden sei, andererseits aber das Objekt in einer ruhigen Nebenstraße in einem sehr gehobenen Wohngebiet liege. Die "Ruhe und Gediegenheit" des Umfelds sei in Form des Ambientes des Mietortes Bestandteil der vertraglichen Beschaffenheit geworden.

"Gerümpel" im Erdgeschossbereich kein Mietmangel

Weitergehende Minderungsgründe bestehen nach Ansicht des Gerichts dagegen nicht. Soweit die Beklagte die Miete gemindert habe, weil im Erdgeschossbereich "Gerümpel" abgestellt worden sei, sei dies unbegründet. Das Verhalten der Mitbewohner sei zwar häufiger Anlass für Beanstandungen. "Da die Wohnung neben der Funktion der Unterkunft und Lebensmittelpunkt auch soziale Kontakte, individuelle Erholung und Entspannung ermöglichen soll, sind Konflikte vorprogrammiert", erläuterte das OLG. Der Freiraum der Mitbewohner sei unter dem Gesichtspunkt der Sozialverträglichkeit zu werten und mit dem Gebot der Rücksichtnahme abzuwägen. Beeinträchtigungen durch abgestellte Sachen im Flur (Kinderwagen, Schuhe, Ranzen, Tüten oder ähnliches) gingen nur in Ausnahmefällen über das als sozialadäquat hinzunehmende Maß der Beeinträchtigung durch einen Mitmieter hinaus. Hier sei nicht feststellbar, dass es zu einer massiven über das sozialadäquate Maß hinausgehenden Beeinträchtigung gekommen sei.

Keine Küchengerüche bei Ortstermin

Ohne Erfolg habe die Beklagte auch eine Minderung in Hinblick auf Küchengerüche vorgenommen. "Vor dem Hintergrund der gemischten Nutzung des Gebäudes ist auch mit sozialadäquaten Verhalten der Mitbewohner zu rechnen. Dazu gehört, dass man sich gelegentlich ein Mittagessen kocht und es gelegentlich auch riecht", betonte das OLG. Im Rahmen des extra zur Mittagszeit durchgeführten Ortstermins seien im Treppenhaus zu dem keine Küchengerüche festgestellt worden. Auch der behauptete "muffige Geruch" sei nicht zu riechen gewesen.

Nackter Vermieter nur bei Herausbeugen aus Fenster sichtbar

Schließlich könne die Miete auch nicht gemindert werden, soweit sich der Kläger unstreitig nackt im Hof sonne. Rein das ästhetische Empfinden eines anderen verletzende Umstände führten grundsätzlich nicht zu einem Abwehranspruch, sofern sie sich nicht gezielt gegen den anderen richteten. Eine "grob ungehörige Handlung" im Sinne des § 118 OWiG liege nicht vor. Durch den sich im Hof nackt sonnenden Kläger werde die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache nicht beeinträchtigt. Es fehle an einer unzulässigen, gezielt sittenwidrigen Einwirkung auf das Grundstück. Der Ort, an dem der Kläger sich unbekleidet auf seine Liege lege, sei von den Räumlichkeiten der Beklagten aus nur dann sichtbar, wenn man sich weit aus dem Fenster herausbeuge. Dies stehe einer gezielten Einwirkung entgegen.

Kläger trägt im Treppenhaus Bademantel

Soweit die Beklagte behaupte, dass der Kläger sich bereits unbekleidet durch das Treppenhaus zum Hof begebe, sodass "ein sich zufällig zu diesem Zeitpunkt auf der Treppe befindlicher Bewohner oder Besucher mit seiner Nacktheit" konfrontiert werde, sei dies nicht nachgewiesen worden. Der Kläger habe vielmehr glaubhaft bekundet, stets einen Bademantel zu tragen, den er erst unmittelbar vor der Sonnenliege ausziehe.

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 18.04.2023 - 2 U 43/22

Redaktion beck-aktuell, Esther Wiemann, 26. April 2023.