Kostenlose Abgabe eines Schmerzgels an Apotheker zu Demo-Zwecken zulässig

Außendienstmitarbeiter eines Arzneimittelherstellers dürfen Apothekern kostenlos je eine einzelne Verkaufsverpackung eines nicht verschreibungspflichtigen Schmerzgels mit dem Aufdruck "Zu Demonstrationszwecken" abgeben. Bei der Abgabe handele es sich um eine geringwertige Zugabe, die weder gegen das Arzneimittelgesetz noch gegen das Heilmittelwerbegesetz verstoße und nicht geeignet sei, den Apotheker unsachlich zu beeinflussen, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit Urteil vom 10.02.2022.

Verstoß gegen Arzneimittelgesetz und Heilmittelwerbegesetz?

Die Klageparteien vertreiben apothekenpflichtige Arzneimittel. Das Sortiment der Beklagten umfasst ein nicht verschreibungspflichtiges Schmerzgel mit einem Apothekenabgabepreis von 9,97 Euro, welches Außendienstmitarbeiter kostenlos an Apotheken abgaben. Die Verkaufsverpackungen waren dabei mit der Aufschrift "Zu Demonstrationszwecken" gekennzeichnet. Die Klägerin, die darin einen Verstoß gegen das Arzneimittel- und das Heilmittelwerbegesetz sah, klagte auf Unterlassung.

EuGH: Gratismuster nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel unbedenklich

Das Landgericht hatte zunächst einen Unterlassungsanspruch wegen unzulässiger Abgabe von Mustern eines Fertigarzneimittels an Apotheken im Sinne des § 47 Abs. 3 AMG bejaht. Auf die Revision gegen das die Berufung zurückweisende Urteil des OLG hatte der Bundesgerichtshof den Europäischen Gerichtshof zur Auslegung der § 47 Abs. 3 AMG zugrunde liegenden Richtlinie angerufen. Dieser entschied, dass die Richtlinie nicht der Abgabe von Gratismustern nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel an Apotheken entgegenstehe (NJW 2020, 2019). 

OLG weist Unterlassungsklage ab – Kein Verstoß gegen AMG und HWG

Das OLG hat nunmehr im neu durchzuführenden Berufungsrechtzug die Unterlassungsanträge der Klägerin zurückgewiesen. Die Abgabe des Arzneimittels zu Demonstrationszwecken verstoße nicht gegen § 47 Abs. 3 AMG. Es liege auch kein Verstoß gegen § 7 Abs. 1 S. 1 HWG vor. Nach § 7 Abs. 1 HWG sei es zwar unzulässig, "Zuwendungen und sonstige Werbegaben anzubieten oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen". Dies gelte aber nicht, wenn es sich um Gegenstände von geringem Wert handele, die durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produktes oder beider gekennzeichnet seien.

Zuwendung hatte nur geringen Wert

Hier sei von einer Zuwendung von geringem Wert auszugehen. Die Außendienstmitarbeiter hätten den Apotheken jeweils nur ein einzelnes Exemplar zu Demonstrationsprodukts überlassen. Der Einkaufswert habe bei 5,34 Euro gelegen. Durch den Aufdruck "zu Demonstrationszwecken" werde das Produkt jedoch nicht mit dem handelsüblichen Original gleichgesetzt. Sein Wert sei wesentlich geringer. Die überwiegend geöffnet übergebenen Packungen überschritten jedenfalls nicht die Ein-Euro-Grenze.

Keine Gefahr unsachlicher Beeinflussung des Apothekers

Darüber hinaus habe aber auch nicht die Gefahr der Weitergabe der Packung an Apothekenkunden und damit eine realistische Gefahr der unsachlichen Beeinflussung des Apothekers bestanden. Das Überlassen eines einzelnen Exemplars mit dem Aufdruck "Zu Demonstrationszwecken" habe erkennbar der Eigenerprobung des Apothekers gedient. Der Apotheker habe gewöhnlich kein nennenswertes Interesse daran, nur einem einzelnen Kunden ein Probeexemplar überlassen zu können.

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 10.02.2022 - 6 U 161/15

Redaktion beck-aktuell, 9. März 2022.