Kein Schadensersatz wegen Messeabsage im ersten Coronajahr
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Die Veranstalterin der Messe "Light + Building" muss einer Ausstellerin wegen Verschiebung und schließlich Absage der Messe im ersten Coronajahr keinen Schadensersatz zahlen. Dies hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschieden. Verschiebung und Absage seien angesichts der damaligen Dynamik der Pandemie, der Verantwortung für die Gesundheit der Messeteilnehmer und der erheblichen wirtschaftlichen Interessen rechtmäßig gewesen.

Ausstellerin begehrte Schadensersatz wegen Messeabsage im ersten Coronajahr

Eine Ausstellerin begehrte wegen Absage der Messe "Light + Building 2020" von der Messeveranstalterin Schadensersatz. Die Messe sollte vom 08.03. bis zum 13.03.2020 stattfinden, wurde am 24.02.2020 wegen Corona zunächst auf September 2020 verschoben und schließlich am 05.05.2020 ganz abgesagt. Die bereits entrichteten Standgebühren zahlte die Messeveranstalterin der Ausstellerin zurück. Diese forderte darüber hinaus Ersatz in Höhe von insgesamt knapp 75.000 Euro für bereits vorgenommene Hotelreservierungen, PR-Maßnahmen, Miete des Messestands und statische Berechnungen. Das Landgericht wies die Klage ab. Dagegen legte die Ausstellerin Berufung ein - ohne Erfolg.

OLG: Verschiebung war rechtens – Wegfall der Geschäftsgrundlage

Die Messeveranstalterin habe die Messe wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zunächst verschieben dürfen, entschied das Gericht. Ihr sei das Festhalten am ursprünglichen Vertrag nicht zumutbar gewesen. Die dynamische Entwicklung des Infektionsgeschehens vom Jahreswechsel 2019/2020 bis zu ihrer Entscheidung am 24.02.2022, die dadurch bedingten erheblichen Unsicherheiten für die Durchführbarkeit der Veranstaltung und die Verantwortung für Gesundheit und das Leben aller an der Messe teilnehmenden Personen hätten zur Verschiebung um circa sechs Monate berechtigt.

Behördliches Verbot war wahrscheinlich

Unerheblich sei, dass am 24.02.2020 kein behördlich angeordnetes Verbot der Veranstaltung bestanden habe. Es habe vielmehr ausgereicht, dass ein behördliches Veranstaltungsverbot bei einer ex ante Prognose hinreichend wahrscheinlich gewesen sei. Dies sei hier der Fall gewesen. Angesichts der Ausrufung einer Pandemie durch die WHO am 11.03.2020, des am 12.03.2020 erfolgten Verbots von Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Personen (wie hier) und des am 14.03.2020 verhängten vollständigen Verbots von Veranstaltungen wäre es allein vom Zufall abhängig gewesen, ob die Messe gerade noch hätte stattfinden können oder nicht. Dabei habe die Beklagte auch in besonderer Weise die Gesundheit der Messeteilnehmer und die Verhinderung der Infektion einer unübersehbaren Zahl an Personen berücksichtigen dürfen.

Endgültige Absage ebenfalls rechtens

Auch die endgültige Absage der Messe am 05.05.2020 sei rechtmäßig gewesen. Nach der damals gültigen Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung hätte die Messe nur mit einer Ausnahmegenehmigung durchgeführt werden können. Diese wäre wohl nicht zu erlangen gewesen. Jedenfalls habe die Lage am 05.05.2020 wegen Störung der Geschäftsgrundlage die Beklagte zu der völligen Beseitigung des Vertragsverhältnisses berechtigt. Am 05.05.2020 sei die Durchführung von Messen bis zum 31.08.2020 verboten gewesen.

Prognose der Durchführbarkeit kaum möglich – Schadensvergrößerung bei Abwarten

Die Prognose, ob die Durchführung der Messe zu dem geplanten Ausweichtermin möglich sein würde und wenn ja in welchem Umfang, sei für die Veranstalterin angesichts der sich ständig überschlagenden und beinahe täglich erfolgenden Neueinschätzungen durch die verantwortlichen Politiker, das RKI und die Wissenschaft kaum zu treffen gewesen. Angesichts der wirtschaftlichen Interessen einer Vielzahl von Ausstellern und des Umstands, dass die drohenden Schäden mit der Kurzfristigkeit einer Absage immer größer würden, habe sie die alle zwei Jahre stattfindende Messe absagen dürfen.

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 07.09.2022 - 4 U 331/21

Redaktion beck-aktuell, 8. September 2022.