Hessen erhält rückständige Pacht für denkmalgeschütztes Herrenhaus

Der Verpächter eines denkmalgeschützten Herrenhauses muss im Rahmen der vorvertraglichen Aufklärung nicht die Interessen des Pächters wahrnehmen und ihm das Vertragsrisiko abnehmen. Ob der beabsichtigte Vertrag von Vorteil ist, muss der Pächter selbst prüfen und entscheiden. Das hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in einem Fall klargestellt, in dem das Land Hessen Verpächter war. 

Sanierungsbedürftiges Herrenhaus von Land gepachtet

Das Land Hessen betreut rund 47 denkmalgeschützte historische Liegenschaften, unter anderem ein ehemaliges Herrenhaus. Dieses verpachtete es zur Führung eines gastronomischen Betriebs an die Beklagten. Zum damaligen Zeitpunkt befand sich das Haus noch im Sanierungsstadium. Heizung, Leitungssysteme und Lüftung waren noch nicht erneuert worden. Die Beklagten übernahmen Renovierungsarbeiten im ersten Geschoss und Ausstattungen der Küche auf eigene Rechnung und berechneten die Eigenleistungen dem Land. Pachtzahlungen erbrachten sie nicht. Das Restaurant eröffneten sie im Mai 2014.

Land kündigt Vertrag wegen ausstehender Pachtzahlungen

Das Land kündigte wegen des aufgelaufenen Zahlungsrückstands im Januar 2019 den Pachtvertrag. Vor dem Landgericht begehrte es unter anderem die Räumung des Herrenhauses und Zahlung ausstehender Pacht von rund 68.500 Euro. Dabei berücksichtigte das Land eine Minderung der Pacht um 50% für die Jahre 2015 bis 2017 und um 25% für das Jahr 2018. Die Beklagten begehrten widerklagend Schadenersatz in Höhe von rund 390.000 Euro unter anderem wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten. Sie seien über den Zustand des Herrenhauses arglistig getäuscht worden.

LG Darmstadt verurteilt Pächter zu Zahlung

Das Landgericht Darmstadt hatte der Klage des Landes stattgegeben und die Widerklage zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Das Land könne Zahlung der berechneten Pacht verlangen. Die Pacht sei insbesondere nicht auf null gemindert gewesen. Maßgeblich seien insoweit die Gesamtumstände. Der vertragsgemäße Gebrauch sei zu keinem Zeitpunkt ausgeschlossen gewesen. Die Gaststätte sei durchgehend betrieben und es seien erhebliche Umsätze generiert worden. Zudem hätten die Parteien vertraglich wirksam das einseitige Minderungsrecht der Pächter ausgeschlossen. Die Beklagten könnten gegen diese Forderung auch nicht aufrechnen, da die Parteien wirksam ein Aufrechnungsverbot für umstrittene Forderungen vereinbart hätten. Sie könnten auch nicht Schadenersatz wegen der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten verlangen. Die Forderung sei bereits nicht hinreichend bestimmt. Zudem beziehe sich die Berechnung auf das Anlagevermögen einer GbR, die selbst aber nicht Vertragspartnerin geworden sei. Es sei auch nicht dargelegt, dass es sich bei dem eingeklagten Betrag um Aufwendungen für die Beseitigung von Mängeln oder eine Wertminderung handele.

Land hat keine Aufklärungspflichten verletzt

Schließlich habe das Land auch keine vorvertraglichen Pflichten verletzt. Der Umfang der geschuldeten Aufklärungspflichten des Vermieters richte sich nach dem Einzelfall. Ein Vermieter sei nicht gehalten, "dem Mieter das Vertragsrisiko abzunehmen und dessen Interessen wahrzunehmen". Es sei vielmehr Sache des Mieters, sich umfassend zu informieren und zu klärungsbedürftigen Punkten Fragen zu stellen. Hier habe das Land weder einen "bestimmten Zustand der Pachtsache garantiert noch irrtums- beziehungsweise täuschungsrelevante Erklärungen über den Zustand abgegeben oder solche Erklärungen pflichtwidrig unterlassen". Insbesondere seien die Angaben des Landes zum Sanierungszustand des Objektes nicht pflichtwidrig falsch gewesen.

Nichtzulassungsbeschwerde möglich

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision beim Bundesgerichtshof begehrt werden.

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 06.04.2022 - 12 U 323/20

Miriam Montag, Redaktion beck-aktuell, 8. April 2022.