OLG Frankfurt am Main: Handy-Kunden haben bei einseitiger Preiserhöhung unabhängig von deren Höhe Widerspruchsrecht

Bei einseitigen Preiserhöhungen durch den Mobilfunkanbieter haben Kunden stets – auch bei Erhöhungen unter 5% – ein Widerspruchsrecht. Dies hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschieden. In dem Urteil vom 09.04.2020 zu den AGB einer Mobilfunkanbieterin stellte es zugleich klar, dass die Androhung einer Sperre für den Fall eines Zahlungsverzugs des Handy-Kunden in Höhe von mindestens 75 Euro auch in Textform erfolgen kann (Az.: 1 U 46/19).

Streit um zwei Klauseln in AGB einer Mobilfunkanbieterin

Der Kläger ist der Dachverband der Verbraucherzentralen, die Beklagte ist eine Mobilfunkanbieterin. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von zwei Klauseln in den AGB der Beklagten. Ziff. 7 der AGB berechtigt die Beklagte, "unbeschadet anderer gesetzlicher Vorschriften" den Anschluss zu sperren, wenn der Kunde mit einem Betrag von mindestens 75 Euro in Verzug ist und sie die Sperrung zwei Wochen vorher in Textform einschließlich eines Hinweises auf Rechtschutzmöglichkeiten angedroht hat. Nach Ziff. IX.6. kann der Kunde einer Preiserhöhung der Beklagten widersprechen, wenn die Erhöhung mehr als 5% des bis zum Zeitpunkt der Erhöhung geltenden Preises beträgt. Der Kläger hält beide Klauseln für unwirksam.

Klage vor LG teilweise erfolgreich

Das Landgericht hatte der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte zur Unterlassung verurteilt, soweit es die Form der Androhung der Sperre (in Textform) und den Widerspruch des Kunden bei Preiserhöhungen betraf. Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten hatte vor dem OLG teilweise Erfolg.

Androhung einer Sperre in Textform ausreichend

Zu Unrecht habe das LG die Klausel beanstandet, wonach eine Sperre in Textform angedroht werden kann, entschied das OLG. Die einfache Textform sei hier nicht zu beanstanden. Mit dem Erfordernis der Textform gebe die Beklagte vielmehr die Rechtslage wieder, wie sie bei richtiger Auslegung des in § 45k TKG bestimmten Gebots, dass die Sperre "schriftlich" angedroht werden muss, ohnehin bestehe. "Schriftlich" bedeute nicht "Schriftform" im Sinne des § 126 BGB. Dies ergebe sich schon aus der Gesetzesgeschichte. Die Notwendigkeit der Androhung diene zudem allein der Information des Kunden. Dieser Zweck werde "durch eine papiergebundene Mitteilung ebenso sicher erfüllt wie durch eine auf einem elektronischen Datenträger dauerhaft verfügbare und lesbare Erklärung, insbesondere also durch eine E-Mail", stellte das OLG fest.

Widerspruchsrecht durfte nicht ausgeschlossen werden

Zu Recht sei die Beklagte jedoch verurteilt worden, es zu unterlassen, den Kunden im Fall einer Preiserhöhung ein Widerspruchsrecht erst ab einer Preiserhöhung über 5% zu gewähren. Den Kunden müsse vielmehr bei jeder einseitigen Änderung der Vertragsbedingungen – hier in Form einer Preiserhöhung – ein Widerspruchsrecht zugestanden werden. Dies folge aus der sogenannten Kommunikation-Universaldienst-Richtlinie der EU (Art. 20 Abs. 2 RL 2002/22/EG in der Fassung RL 2009/135/EG). Auf die Frage, ob es sich um eine "wesentliche" Preiserhöhung handele, komme es damit nicht an. Im Übrigen sei eine Preiserhöhung von 5% nicht wenig und könne für manchen Kunden erheblich sein.

Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Das OLG hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zum BGH zugelassen.

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 09.04.2020 - 1 U 46/19

Redaktion beck-aktuell, 4. Mai 2020.