Gebäude mit Terrasse und Lichtkuppel ist keine Garage

Ein mit Terrasse, Lichtkuppeln und Glasfalttüren ausgestattetes Gebäude stellt bereits seiner baulichen Gestaltung nach keine Garage dar, sondern dient dem Aufenthalt von Menschen. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat deshalb mit einer am Mittwoch veröffentlichten Entscheidung den Bauherrn zur Beseitigung dieses unterhalb des Grenzabstands errichteten Gebäudes verurteilt. Grenzgaragen müssen die geltenden Abstandsregeln nicht einhalten.

Nachbarstreit um Neubau einer "Garage"

Die Parteien sind Nachbarn. Nachdem der Beklagte 2017 eine Genehmigung zur Sanierung einer auf seinem Grundstück bereits vorhandenen Garage erwirkt hatte, ließ er diese abreißen und begann mit dem Neubau. Hiergegen wehrte sich die Klägerin erfolglos in einem Eilverfahren. Der Beklagte stellte das neue Garagengebäude fertig. Die Klägerin meint, es handele sich nicht um eine nach der Hessischen Bauordnung privilegierte Garage. Sie begehrte die Beseitigung des Gebäudes, hilfsweise dessen teilweisen Rückbau. Das Landgericht hatte sowohl den Beseitigungsantrag als auch den hilfsweisen Antrag auf teilweisen Rückbau der Garage zurückgewiesen.

Neubau wegen Nichteinhaltung des Mindestabstands zu beseitigen

Die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin hatte vor dem OLG Erfolg. Der Beklagte müsse das Bauwerk beseitigen. Er verletze mit dem Bauwerk die bauordnungsrechtlichen Vorschriften über den einzuhaltenden Grenzabstand. "Es gehört zu den insbesondere durch das Grundrecht auf Eigentum geschützten Belangen des Nachbarn, nicht durch bauliche Anlagen beeinträchtigt zu werden, die in rechtswidriger Weise die Belichtung und Belüftung seines Grundstücks beeinträchtigen, Brandgefahren bilden oder schlicht durch ihre Nähe das gedeihliche Miteinander stören", betonte das OLG. Das errichtete Gebäude halte die erforderlichen Abstände von jedenfalls drei Metern zur Grundstücksgrenze der Klägerin nicht ein.

Neubau keine privilegierte Grenzgarage

Die Einhaltung dieser Abstandsflächen sei hier auch nicht entbehrlich. Das Gebäude stelle kein privilegiertes Bauvorhaben dar. Insbesondere liege keine sogenannte Grenzgarage vor. Die bauliche Gestaltung des Gebäudes stehe vielmehr eindeutig der Privilegierung als Grenzgarage entgegen. Sie spreche für eine abweichende Nutzung des Gebäudes zum Aufenthalt von Menschen: Das Gebäude sei mit einer integrierten Terrasse ausgestattet, die aus fest mit dem Boden verbundenen Holzdielen nebst Belichtungs- und Beleuchtungselementen bestehe. Es verfüge zudem in der Decke über Lichtkuppeln, die gesamte Front sei mit einer Glasfalttür versehen. "Eine solche bauliche Ausgestaltung dient typischerweise der besseren Ausleuchtung eines zum Aufenthalt von Menschen bestimmten umbauten Raums...", stellte das OLG fest. Aufenthaltsräume und ihnen gleichzustellende Terrassen stellten aber keine Bauteile dar, die zum Unterstellen von Kraftfahrzeugen im Sinne einer Garage erforderlich seien.

Genehmigung der Stadt betraf nur Planungsrecht

Auch die erteilte Genehmigung der Stadt stehe dem Beseitigungsanspruch nicht entgegen. Die der Genehmigung zugrunde liegende Prüfung habe sich allein auf eine Übereinstimmung mit der Erhaltungssatzung der Stadt Frankfurt in planungsrechtlicher Sicht bezogen, nicht aber auf die Einhaltung von Grenzabständen.

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 23.11.2021 - 6 U 117/20

Redaktion beck-aktuell, 24. November 2021.