OLG Frankfurt am Main: Ausländische Airline muss nach Flug-Stornierung schon gezahlte Steuern und Gebühren nicht rückerstatten

Eine ausländische Fluggesellschaft kann in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen festlegen, dass auf in Deutschland geschlossene Beförderungsverträge englisches Recht anwendbar ist, wonach es zulässig ist, Steuern und Gebühren nicht zurückzuerstatten, wenn der Fluggast den Flug storniert hat und die Aufwendungen der Fluggesellschaft tatsächlich nicht entstanden sind. Dies hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit Urteil vom 13.12.2018 (Az.: 16 U 15/18, nicht rechtskräftig) entschieden.

Englische Fluggesellschaft erklärte englisches Recht für anwendbar

Die Beklagte ist eine Fluggesellschaft mit Sitz in Luton, England. Auf ihrer auch in deutscher Sprache aufrufbaren Internetseite können online Flüge gebucht werden. In den dafür geltenden AGB der Beklagten heißt es im Zusammenhang mit Stornierungen unter anderem: "Steuern und Gebühren, die von einem Flughafenbetreiber direkt von ... (Name der Fluggesellschaft) erhoben werden, sind nicht erstattungsfähig, selbst wenn sie auf der Anzahl der beförderten Fluggäste basieren." Dies bezieht sich nicht auf die Britische Passagierabgabe, die erstattet wird. Alle Erstattungen unterliegen nach den AGB "den anwendbaren Gesetzen... von England und Wales...". Schließlich wird geregelt, dass für die AGB und alle Beförderungen... "das Recht von England und Wales" gilt.

Verbraucherschutzverein hält Klausel für unzulässig

Der Kläger ist ein Verein, der auch Verbraucherinteressen wahrnimmt. Er ist der Ansicht, dass die Verbraucher durch die Klausel, Steuern und Gebühren nach Stornierung nicht zu erstatten, unangemessen benachteiligt werden (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Deshalb begehrt er von der beklagten Fluggesellschaft, diese Klausel nicht weiter zu nutzen. Das Landgericht hatte in erster Instanz der Klage stattgegeben (BeckRS 2017, 142201).

OLG: Klausel nach englischem Recht zu prüfen

Die hiergegen gerichtete Berufung hatte Erfolg. Die Beklagte dürfe die umstrittene Klausel weiter verwenden, entschied das OLG Frankfurt am Main. Die angegriffene Regelung sei infolge einer zulässigen Rechtswahl am Maßstab des Rechts von England und Wales zu prüfen und nach diesem Recht wirksam. Grundsätzlich könne die Beklagte als Luftbeförderer in ihren AGB nach den Regeln des Internationalen Privatrechts formularmäßig eine Rechtswahl vorsehen. Die Rechtswahlklausel genüge hier dem erforderlichen "Minimum an Bestimmbarkeit und Transparenz" im Sinne des Art. 5 Rom-I-VO. Sie lasse keinen Zweifel "an ihrer Aussage und an ihrem Gehalt". Die Beklagte habe zudem mit dem Recht von England, wo sich ihr Sitz befinde, eine Rechtsordnung gewählt, die die beschränkten Wahlmöglichkeiten nach Art. 5 Abs. 2 Rom-I-VO berücksichtige.

Klausel auch auf deutschsprachiger Seite nicht überraschend

Die Klausel sei auf der deutschsprachigen Seite auch nicht überraschend, da gerade bei Luftbeförderungsverträgen "der grenzüberschreitende Aspekt auf der Hand" liege. Anders als das LG meine, sei die Klausel auch im Hinblick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu den Anforderungen an eine Rechtswahl im Rahmen von Verbraucherverträgen nicht zu beanstanden. Im Gegensatz zu Verbraucherverträgen im Sinne des Art. 6 Rom-I-VO bedürfe es bei Beförderungsverträgen nach Art. 5 Rom-I-VO keines gesonderten Hinweises auf die Wirkungen der Rechtswahl.

Airline behält nach englischem Recht trotz Stornierung durch Kunden vollen Zahlungsanspruch

Ausgehend vom Maßstab des englischen und walisischen Rechts verstoße die Klausel nicht gegen Gesetze zum Schutz der Verbraucherinteressen, so das OLG weiter. Eine Klausel sei demnach "missbräuchlich beziehungsweise unfair", wenn sie "entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht." Dies sei unter Berücksichtigung des für Beförderungsverträge nach dem Recht von England und Wales allein maßgeblichen Richterrechts hier nicht der Fall. Vielmehr würden "englische Gerichte den vollen Zahlungsanspruch der Beklagten nicht an fehlender Erfüllungsmitwirkung des Fluggastes scheitern lassen, der die angebotene Beförderung aus eigenem Ermessen nicht in Anspruch" genommen hat. Nach englischem und walisischem Recht sei die Beklagte bei Kündigung des Vertrages durch den Fluggast vielmehr berechtigt, stets auf "Vertragserfüllung zu bestehen und den vollen Flugpreis ohne Abschlag ...zu behalten". Insbesondere müsse die Beklagte dem Fluggast nicht ersparte Aufwendungen wie Steuern und Gebühren erstatten. "Dass die Beklagte sich durch den Ausschluss der Erstattung dieser Kostenpositionen bei einer Stornierung .... besserstellt als bei vertragsgemäßer Durchführung des Beförderungsvertrages....ist der Rechtslage nach englischem und walisischen Recht mithin immanent," betont das OLG.

Nichtzulassungsbeschwerde möglich

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Kläger kann mit der beim Bundesgerichtshof einzulegenden Beschwerde die Zulassung der Revision begehren.

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 13.12.2018 - 16 U 15/18

Redaktion beck-aktuell, 14. Dezember 2018.