Akteneinsicht in vollem 13-Quadratmeter-Kellerraum derzeit unzumutbar

Eine GmbH erfüllt ihre Verpflichtung, einem Gesellschafter zusammen mit zwei hierzu Bevollmächtigten Einsicht in Handelsbücher und Geschäftsunterlagen zu gewähren, während der Corona-Pandemie nicht dadurch, dass sie hierzu einen 13 Quadratmeter großen, mit zahlreichen, nicht beschrifteten Kartons und weiteren Möbelstücken zugestellten Kellerraum bereitstellt. Dies stellte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main klar.

Einsichtnahme-Termin wegen Unzumutbarkeit abgebrochen

Die Antragstellerin ist Gesellschafterin der auf Auskunftserteilung in Anspruch genommenen GmbH. Gegenstand der GmbH war die Verwaltung eigenen Vermögens. Die GmbH war verurteilt worden, der Antragstellerin sowie zwei von ihr Bevollmächtigten Einsicht in die vollständigen Handelsbücher und Geschäftsunterlagen für die Jahre 2008 bis 2019 zu gewähren. Die GmbH ermöglichte die Einsicht am 15.05.2020 in ihrem 13 Quadratmeter großen Kellerraum, der mit zahlreichen Kartons vollgestellt war und in dem sich darüber hinaus ein Schreibtisch, ein Computertisch sowie eine Couch mit einem weiteren Tisch befanden. Die Vertreter der Antragstellerin brachen den Termin ohne Einsichtnahme wegen Unzumutbarkeit dieser Bedingungen ab.

OLG: Unzumutbarkeit ergibt sich aus Pandemielage

Das Landgericht hat daraufhin ein Zwangsgeld von 5.000 Euro gegen die GmbH verhängt. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde der GmbH hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die GmbH habe ihre Verpflichtung zur Einsichtsgewährung nicht durch die bloße Bereitstellung der Unterlagen in zahlreichen Kartons in dem 13 Quadratmeter großen Raum erfüllt, so das OLG. In Anbetracht der damaligen Pandemiesituation sei es nicht zumutbar gewesen, die Einsicht in die Geschäftsbücher dort vorzunehmen.

Einhaltung empfohlenen Mindestabstands war unmöglich

Zwar habe die Einsichtnahme grundsätzlich in den Geschäftsräumen der Gesellschaft zu erfolgen. Hier hätte aber wegen der möglichen Gesundheitsgefährdung der Einsichtnehmenden ein anderer, geeigneterer externer Ort bestimmt werden müssen, "um – mangels des Bereitstellens anderer, überzeugender Hygienekonzepte – ...(der) Verpflichtung zur Einsichtsgewährung nachzukommen." Nur in externen Räumen hätte der nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts einzuhaltende Mindestabstand von 1,5 Meter eingehalten werden können.

Lüftung und Maskenschutz nur unzureichende Alternative

Die im Keller eingeschränkten Lüftungsmöglichkeiten oder das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung seien auch keine Alternative gewesen, da von einer längeren Zeit für die Einsichtnahme auszugehen gewesen sei. Die Unterlagen hätten sich in deutlich mehr als zehn Umzugskartons sowie einem Aktenschrank befunden, ohne dass eine Ordnung der zahlreichen Aktenordner nach Jahren oder Inhalt erkennbar gewesen wäre. Angesichts der im Raum stehenden gesundheitlichen Folgen einer Ansteckung sei der GmbH die Bereitstellung eines externen Raumes unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten auch zumutbar gewesen.

OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 01.12.2020 - 21 W 137/20

Redaktion beck-aktuell, 14. Dezember 2020.