Gekündigte Hotel-Pacht: Flüchtlingsunterbringung darf nicht der Grund sein

Dass die Betreiberin eines Hotels mehrfach Zimmer an die Stadt vermietete, die jugendliche Geflüchtete darin unterbrachte, wollte die Eigentümerin des Gebäudes nicht hinnehmen und kündigte den Pachtvertrag. Damit hatte sie nur in der ersten Instanz Erfolg.

Die Eigentümerin eines Hotelgebäudes in Gießen schloss 2016 einen Pachtvertrag mit der Betreiberin. Nach dem darf das Hotel vertraglich nur zum vereinbarten Nutzungszweck, dem Betrieb eines Hotels, gebraucht werden. Ab 2022 mietete das Jugendamt der Stadt Gießen regelmäßig Zimmer für jugendliche Flüchtlinge an, die unbegleitet nach Deutschland gekommen waren.

Nach einer Abmahnung kündigte die Eigentümerin den Pachtvertrag 2023 fristlos mit der Begründung, die Unterbringung der Jugendlichen sei vertragswidrig. Ebenso sah das in der ersten Instanz das LG Gießen, das die Hotelbetreiberin zur Räumung und Herausgabe verurteilte (Urteil vom 17.04.2024 – 9 O 22/24).

Wichtiger Grund für außerordentliche Kündigung fehlt

Anders sah dies jedoch das OLG Frankfurt a.M., das die Klage abwies, da der Vertrag zwischen den beiden Parteien nicht wirksam gekündigt worden sei (Urteil vom 21.02.2025 – 2 U 63/24). Die Betreiberin habe die Zimmer an Dritte überlassen. Das sei für den Betrieb eines Hotels gerade "immanent" und verletze die Rechte der Eigentümerin nicht in erheblichem Maße, wie § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB es für eine außerordentliche Kündigung verlange.

Das umfasse auch, dass beispielsweise mehrere Zimmer durch die gleiche Firma gemietet würden, faktisch also auch ein Mieter das ganze Hotel belegen könne, so das OLG weiter. Die Verträge mit der Stadt Gießen zur Unterbringung der Jugendlichen seien daher nicht unbefugt gewesen. Um die Grenze zur unzulässigen Gebrauchsüberlassung zu überschreiten, hätte die Stadt Gießen das ganze Gebäude übernehmen und zu einem Flüchtlingsheim umbauen müssen. Dies sei hier aber nicht der Fall.

Ein weiterer möglicher Grund für eine Kündigung sei die Gefährdung der Mietsache, die aber ebenfalls nicht vorliege. Die Richterinnen und Richter konnten nicht erkennen, dass eine "Vernachlässigung", wie § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB es formuliere, zu befürchten sei, weil minderjährige Geflüchtete einziehen.

Vertragsvereinbarungen geben keinen Grund für Kündigung

Zwar könne auch eine Überschreitung des vertraglich zwischen den Parteien vereinbarten Zwecks der Pacht nach beidseitiger Interessenabwägung eine Kündigung rechtfertigen. Aber die Hotelbetreiberin habe mit der Vermietung an die Stadt zur Unterbringung den Vertragszweck gerade erfüllt. Ein Hotel zeichne sich durch das Angebot von "individueller Unterkunft, Service, Verpflegung und Nebenleistungen" aus. Die Aufenthaltsdauer der Gäste, der Zweck des Aufenthalts und die Motive für die Anmietung hingegen seien keine zentralen Kriterien für die Bewertung als Hotelbetrieb.

Es gebe keinen Anspruch der Eigentümerin, dass eine Vermietung nur an einen bestimmten Personenkreis erfolgen dürfe, solange keine Beeinträchtigungen der Räumlichkeiten zu befürchten sind. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass Geflüchtete ein Zimmer "intensiver und nachlässiger" nutzen würden, als dies bei einer "normalen Vermietung" der Fall wäre.

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 21.02.2025 - 2 U 63/24

Redaktion beck-aktuell, js, 15. April 2025.

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