Teilerfolg für Stromnetzbetreiber: Xgen muss neu festgelegt werden

In den Verfahren gegen die Festlegung des generellen sektoralen Produktivitätsfaktors (Xgen) für die dritte Regulierungsperiode durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) haben die Beschwerden zahlreicher Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen zu einem Teilerfolg geführt. Laut Oberlandesgericht Düsseldorf hat die BNetzA die Höhe des "generellen sektoralen Produktivitätsfaktors" rechtswidrig ermittelt. Sie muss nun über die Festlegung des Xgen nach Maßgabe der Rechtsauffassung des OLG erneut entscheiden.

Xgen für Anpassung der Erlösobergrenzen relevant

Im Rahmen der Anreizregulierung würden von den Regulierungsbehörden die Erlösobergrenzen bestimmt, die mithilfe des Verbraucherpreisgesamtindex an die allgemeine Geldentwicklung mit einem Zweijahresverzug jährlich angepasst würden, erläutert das OLG. Die Anpassung geschehe unter Einbeziehung des generellen sektoralen Produktivitätsfaktors, der sich aus der Abweichung des netzwirtschaftlichen Produktivitätsfortschritts vom gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsfortschritt und der gesamtwirtschaftlichen Einstandspreisentwicklung von der netzwirtschaftlichen Einstandspreisentwicklung ergibt.

BNetzA seit dritter Regulierungsperiode für Xgen-Ermittlung zuständig

Während der Verordnungsgeber den generellen sektoralen Produktivitätsfaktor für Gas- und Stromnetzbetreiber für die erste Regulierungsperiode auf 1,25% und für die zweite Regulierungsperiode auf 1,5% jährlich festgelegt hat, habe seit der dritten Regulierungsperiode die BNetzA den generellen sektoralen Produktivitätsfaktor jeweils vor Beginn einer Regulierungsperiode für die gesamte Regulierungsperiode nach Maßgabe von Methoden, die dem Stand der Wissenschaft entsprechen, zu ermitteln. Die Ermittlung müsse unter Einbeziehung der Daten von Netzbetreibern aus dem gesamten Bundesgebiet für einen Zeitraum von mindestens vier Jahren erfolgen.

500 Netzbetreiber gehen gegen Xgen-Festlegung der BNetzA vor

Am 28.11.2018 hatte die Bundesnetzagentur den Beschluss zur Festlegung des generellen sektoralen Produktivitätsfaktors für die Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen (Az.: BK4-18-056) erlassen und diesen unter Anwendung zweier unterschiedlicher Berechnungsmethoden auf 0,90% festgesetzt. Gegen den Beschluss der BNetzA hatten circa 500 Netzbetreiber bei dem OLG Düsseldorf Beschwerde eingelegt. Der 3. Kartellsenat hat in 13 repräsentativen Musterverfahren entschieden.

Ausgewähltes Stützintervall nicht aussagekräftig

Nach Auffassung des OLG ist die Bestimmung des generellen sektoralen Produktivitätsfaktors bei einer der angewandten Berechnungsmethoden mit Blick auf den von der Bundesnetzagentur gewählten Betrachtungszeitraum – das sogenannte Stützintervall – von 2006 bis 2017 wegen der Einbeziehung des Jahres 2006 als rechtsfehlerhaft zu beanstanden. Das Stützintervall erweise sich im Rahmen der erforderlichen Plausibilisierung wegen der Einbeziehung des Jahres 2006 unter verschiedenen Gesichtspunkten als nicht hinreichend aussagekräftig und belastbar. Andere Stützintervalle erschienen als Prognosegrundlage deutlich überlegen. Damit genüge die den maßgeblichen Betrachtungszeitraum betreffende Auswahlentscheidung der BNetzA nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Ermittlung des generellen sektoralen Produktivitätsfaktors. Die zahlreichen weiteren von den Beschwerdeführerinnen gegen die Festsetzung erhobenen Einwendungen hat das OLG dagegen nicht für begründet erachtet.

Revision zu Sicherung einheitlicher Rechtsprechung zugelassen

Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof zugelassen, weil die streitgegenständlichen Fragen grundsätzliche Bedeutung haben und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dienen.

OLG Düsseldorf

Redaktion beck-aktuell, 17. März 2022.