OLG Düsseldorf: "Stiefkindadoption" eines im Wege der Leihmutterschaft geborenes Kindes allein am Maßstab der Kindeswohldienlichkeit zu messen

Die "Stiefkindadoption" eines Kindes, das von einer Leihmutter unter Verwendung einer anonymen Eizellspende geboren worden ist, ist allein am Maßstab der Kindeswohldienlichkeit des § 1741 Abs. 1 Satz 2 BGB und nicht an den erhöhten Kindeswohlanforderungen des §  1741 Abs. 1 Satz 2 BGB zu messen. Dies hat das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 17.03.2017 entschieden. Dabei stehe es der Kindeswohldienlichkeit nicht entgegen, dass die Kinder von einer Leihmutter geboren wurden (Az.: II-1 UF 10/16, BeckRS 2017, 105401).

Sachverhalt

In dem OLG-Fall ging es um eine Stiefkindadoption von Zwillingen, die von einer Leihmutter unter Verwendung einer anonymen Eizellspende im Ausland (USA) geboren wurden, durch einen eingetragenen Lebenspartner. Der Vater und sein Partner betreuen und versorgen die Kinder seit deren Geburt und leben mit ihnen in einem intakten gemeinsamen Haushalt. Das Amtsgericht Düsseldorf wies den Adoptionsantrag zurück. Es wendete § 1741 Abs. 1 Satz 2 BGB an und erachtete die Adoption nicht als "zum Wohl des Kindes erforderlich". Dabei vertrat es die Ansicht, dass die Leihmutterschaft eine Vermittlung im Sinne der Norm darstelle. Die Leihmutterschaft sei auch sittenwidrig, da die Ersatzmutterschaft gemäß §§ 1 ESchG, 14 AdVermiG verboten sei und durch die Leihmutterschaft die Menschenwürde sowohl der Leihmutter als auch des Kindes verletzt werde. Dagegen legte unter anderem der Annehmende Beschwerde ein.

OLG: Allein Kindeswohldienlichkeit nach § 1741 Abs. 1 Satz 1 BGB maßgeblich

Die Beschwerde hatte Erfolg. Auf den Fall sei deutsches Recht anwendbar. Die Voraussetzungen für die Adoption der Zwillinge sind laut OLG erfüllt. Zwischen dem Annehmenden und den Kindern sei bereits ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden. Die Adoption diene auch dem Kindeswohl im Sinn des § 1741 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dem stehe nicht entgegen, dass die Kinder von einer Leihmutter geboren wurden. In einem solchen Fall gehöre es vielmehr zum Kindeswohl, dass die Kinder auch dem zweiten Wunschelternteil verlässlich rechtlich zugeordnet werden. Entgegen der Auffassung des AG sei die Adoption allein am Maßstab des § 1741 Abs. 1 Satz 1 BGB zu messen.

Erhöhte Kindeswohlanforderungen des § 1741 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht anwendbar

Laut OLG sind die erhöhten Kindeswohlanforderungen des § 1741 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht anwendbar. Denn der Umstand, dass die Kinder von einer Leihmutter unter Verwendung einer anonymen Eizellspende im Ausland geboren worden seien, erfülle nicht das Merkmal der Vermittlung im Sinn der Vorschrift. Nicht nur spreche bereits der Wortlaut der Norm dagegen, auch sei die Norm eng auszulegen, weil sie nicht stringent am Kindeswohl orientiert sei, das das Kindschaftsrecht präge. Auch das Ziel, Leihmutterschaften zu verhindern, rechtfertige keine Maßnahmen, die dem von einer Leihmutter geborenen Kind seine verlässliche rechtliche Zuordnung zu den Eltern als den Personen, die für sein Wohl und Wehe kontinuierlich Verantwortung übernehmen, erschwerten. Die Prävention von Leihmutterschaften dürfe nicht auf dem Rücken der betroffenen Kinder ausgetragen werden. Schließlich gebiete auch eine verfassungs- und konventionskonforme Auslegung die Nichtanwendbarkeit der Norm auf die Adoption eines mit Hilfe einer Leihmutter geborenen Kindes.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.03.2017 - II-1 UF 10/16

Redaktion beck-aktuell, 5. Mai 2017.