OLG bezweifelt Vorliegen eines Wettbewerbsverstoßes
Das Oberlandesgericht begründete seine Entscheidung mit ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der kartellbehördlichen Anordnungen schon bei nur summarischer Prüfung. Selbst wenn die behördlich beanstandete Datenverarbeitung gegen Datenschutzbestimmungen verstoße, liege darin nicht zugleich ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht. Facebook müsse deshalb vorläufig die Entscheidung des Bundeskartellamts nicht umsetzen.
BKartA hatte automatische Kontenverknüpfungen untersagt
Das Bundeskartellamt hatte im Februar unter anderem verfügt, dass Facebook Daten seiner Dienste wie Instagram und Whatsapp oder von Websites anderer Anbieter nur noch mit dem Facebook-Konto des Nutzers verknüpfen dürfe, wenn dieser es ausdrücklich erlaubt. Auch die Sammlung von Daten der Drittwebseiten wurde von einer Einwilligung abhängig gemacht. Facebook bekam damals zwölf Monate Zeit, die Anordnungen umzusetzen. Das Online-Netzwerk legte Beschwerde beim Oberlandesgericht ein.
Vorwurf: Marktbeherrschende Stellung ausgenutzt
Das Kartellamt warf Facebook unter anderem vor, seine marktbeherrschende Stellung für unzulässige Vertragsbedingungen für die Nutzer zu missbrauchen und den Wettbewerb zu verzerren. Das Oberlandesgericht hat ein Problem mit der Begründung: "Entgegen der Auffassung des Bundeskartellamts lässt die von ihm beanstandete Datenverarbeitung durch Facebook keinen relevanten Wettbewerbsschaden und auch keine wettbewerbliche Fehlentwicklung besorgen." Die "notwendige Verhaltenskausalität zwischen der streitbefangenen Datenverarbeitung und der Marktmacht von Facebook besteht nicht". Selbst wenn die beanstandete Datenverarbeitung gegen Datenschutzbestimmungen verstoße, liege darin nicht zugleich ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht.
OLG und BKartA in mehreren Punkten uneinig
Das Oberlandesgericht setzt in seiner 37 Seiten langen Entscheidung an diversen Stellen der Argumentation des Kartellamts an. So kritisierte es, dass das Kartellamt keine hinreichenden Ermittlungen zu einem sogenannten "Als-ob-Wettbewerb" durchgeführt habe, um zu ermitteln, welche Nutzungsbedingungen für die Nutzer sich im Wettbewerb gebildet hätten. Auch bei der Bewertung der Verbraucher-Daten sind sich Kartellamt und Oberlandesgericht uneins. "Die streitbefangenen Daten sind - anders als ein entrichtetes Entgelt - ohne Weiteres duplizierbar, weshalb ihre Hingabe an Facebook den Verbraucher wirtschaftlich nicht schwächt", erklärte das Oberlandesgericht. Damit könnten Nutzer die Daten beliebig auch Wettbewerbern von Facebook zur Verfügung stellen.
BKartA hält an seinen Positionen fest
Kartellamtspräsident Andreas Mundt bekräftigte am 26.08.2019, Daten und der Umgang mit ihnen seien ein entscheidender wettbewerblicher Faktor für die digitale Wirtschaft. "Zentrale Rechtsfragen hierzu sind vom Oberlandesgericht Düsseldorf im Facebook-Verfahren anders beantwortet worden als vom Bundeskartellamt." Diese Rechtsfragen seien aber von großer Bedeutung für die Zukunft. "Wir sind davon überzeugt, dass wir hier mit dem bestehenden Kartellrecht ordnend eingreifen können." Deshalb wolle die Behörde vor den Bundesgerichtshof ziehen. Mundt hatte dem Fall schon im Februar grundlegende Bedeutung zugesprochen. "Wir sind dabei, kartellrechtliche Leitplanken in die Internetökonomie einzuziehen", sagte er. "Der Nutzer gewinnt ein Stück Datenhoheit zurück." Facebook bestritt in seiner Reaktion, dass das Online-Netzwerk eine marktbeherrschende Stellung habe. Zudem sei das Kartellamt gar nicht zuständig. Facebook halte sich an die europäische Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO), für deren Kontrolle die irische Datenschutzbehörde zuständig sei.
Termin für Verhandlung in Beschwerdeverfahren steht noch aus
Über den Bestand der kartellbehördlichen Anordnungen werde in dem bereits anhängigen Beschwerdeverfahren entschieden, erläutert das OLG Düsseldorf weiter. In diesem Verfahren sei noch kein Verhandlungstermin bestimmt. Der jetzt ergangene Beschluss über die aufschiebende Wirkung der Beschwerden könne mit der vom 1. Kartellsenat zugelassenen Rechtsbeschwerde angefochten werden, über die dann der Bundesgerichtshof zu entscheiden hätte.