Legal-Tech-Anbieter für Flugstornos erhält vorgerichtliche Anwaltskosten
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Schaltet ein Legal-Tech-Dienstleister zur Rück­for­de­rung von Steu­ern und Ge­büh­ren aus stor­nier­ten Flug­ti­ckets vorgerichtlich einen An­walt ein, kann er Anspruch auf Freistellung von den Kosten dafür haben. Dies hat das Oberlandesgericht Düsseldorf am 23.07.2020 entschieden. Die Kosten seien erforderlich und zweckmäßig, wenn die Fluggesellschaft trotz Zahlungsaufforderung nicht unverzüglich reguliert hat und der Dienstleister annehmen durfte, dass eine anwaltliche Aufforderung hilft.

Dienstleisterin forderte Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten

Die Klägerin, ein auf Flugstornierungen spezialisiertes Legal Tech Unternehmen, forderte aus abgetretenem Recht Steuern und Gebühren aus stornierten Flugtickets von der beklagten Fluggesellschaft zurück. Die Beklagte reagierte auf Mahnschreiben der Klägerin nicht. Daraufhin schaltete die Klägerin einen Rechtswalt ein, um die Forderungen geltend zu machen. Die Beklagte anerkannte die Forderungen im Prozess. Streitig war noch, ob die Klägerin Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlichen Anwaltskosten hat. Das Landgericht Düsseldorf (Urteil vom 11.03.2020, Az.: 22 O 96/18) verneinte dies noch. Dagegen legte die Klägerin Berufung ein.

OLG: Einschaltung eines Anwalts mangels unverzüglicher Zahlung erforderlich

Die Berufung hatte Erfolg. Die Klägerin habe aus Verzug einen Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Entgegen der Auffassung des LG hat das OLG die Einschaltung eines Rechtsanwalts hier für erforderlich und zweckmäßig erachtet. Zwar handele es sich bei der Rückforderung von Steuern und Gebühren aus stornierten Flugtickets um einen einfach gelagerten Fall. Aber auch in solchen Fällen sei die Hinzuziehung eines Anwalts erforderlich, wenn der Schuldner den Schaden trotz Zahlungsaufforderung nicht unverzüglich reguliert. Dies sei hier der Fall. Denn die Beklagte habe auf die Mahnschreiben überhaupt nicht reagiert.

Klägerin durfte auch mit Einlenken der Beklagten rechnen

Die Einschaltung eines Rechtsanwalts sei auch zweckmäßig gewesen, so das OLG weiter. Die Klägerin habe davon ausgehen dürfen, dass die Beklagte auf eine anwaltliche Aufforderung hin einlenken und zahlen werde. Der Versuch einer außergerichtlichen Regulierung unter Mithilfe eines Anwalts sei hier nicht von vornherein aussichtslos erschienen. Aus der maßgeblichen ex-ante-Sicht der Klägerin habe die Beklagte die Zahlung nicht ernsthaft und endgültig verweigert. Denn der Grund der Nichtzahlung sei im Dunkeln geblieben, die Beklagte habe schlicht nicht reagiert. Zudem zahle die Beklagte inzwischen auf anwaltliche Aufforderung hin in vielen Fällen.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.07.2020 - I-16 U 99/20

Redaktion beck-aktuell, 24. Juli 2020.