AG wollte Freistellung erreichen
Die Nord Stream 2 AG hatte beantragt, den im deutschen Hoheitsgebiet verlaufenden, noch nicht komplett verlegten Teil der Nord Stream 2 Gaspipeline von der Regulierung freizustellen. Wie sich aus Art. 49a Richtlinie (EU) 2019/692 und aus § 28b EnWG ergibt, wäre dies möglich, wenn die Gasverbindungsleitung vor dem 23.05.2019 fertiggestellt gewesen wäre. Die Bundesnetzagentur lehnte den Freistellungsantrag ab, weil die Pipeline zum Stichtag baulich nicht vollständig errichtet war. Die Beschwerdeführerin wollte demgegenüber darauf abstellen, dass zum Stichtag eine finale und unumkehrbare Investitionsentscheidung vorlag.
Wirtschaftlich-funktionale Herangehensweise überzeugt OLG nicht
Mit dem jetzt ergangenen Beschluss hat der Senat das baulich-technische Verständnis des hier entscheidenden Begriffs der Fertigstellung bestätigt: Die Pipeline war nach Ansicht des OLG nicht vollständig errichtet und damit nicht im Sinne des Gesetzes fertiggestellt. Die dagegen von der Beschwerdeführerin gewünschte wirtschaftlich-funktionale Auslegung lasse sich dem Wortlaut der Vorschriften, ihrer Systematik, ihrem Sinn und Zweck, den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte nicht entnehmen. Eine solche Auslegung sei auch nicht verfassungs- oder europarechtlich geboten. Mit dem Begriff der Fertigstellung werde nach dem allgemeinen Sprachgebrauch zum Ausdruck gebracht, dass die Herstellung einer Sache abgeschlossen beziehungsweise beendet ist. Der Wortsinn der Regelungen sei eindeutig und beschreibe eine physisch vollständig errichtete oder nahezu vollständig errichtete Leitung. Ein Vergleich mit europäischen und nationalen Normen, die ebenfalls den Begriff der Fertigstellung verwenden, bestätige in systematischer Hinsicht dieses Ergebnis.
Keine verfassungsrechtlichen Bedenken
Auch sämtliche Dokumente, die das Ziel des europäischen Verordnungsgebers sowie auch des nationalen Gesetzgebers darlegen, würden darauf hindeuten, dass diese mit einer fertiggestellten Leitung das Vorstellungsbild von einer bereits physisch vollständig vorhandenen Leitung verbunden haben. Das hier angenommene baulich-technische Verständnis des Fertigstellungsbegriffs verstoße schließlich weder gegen Grundrechte der Beschwerdeführerin noch gegen das Rückwirkungsverbot oder den Vertrauensschutz. Die Nord Stream 2 AG hat noch die Möglichkeit, gegen die Entscheidung des Senats Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof einzulegen.