EuGH soll Streit um Vergabe von Ladesäulen an Autobahnen entscheiden

In einem Vergabestreit zwischen dem Elektroautohersteller Tesla, dem Ladestationsbetreiber Fastned und dem Bund um den Betrieb von Schnellladesäulen an bewirtschafteten Autobahnraststätten hat das Oberlandesgericht Düsseldorf das Verfahren ausgesetzt, um vorab den Europäischen Gerichtshof zu befragen. Tesla und Fastned kritisieren die Vergabe des Betriebs der Ladesäulen ohne Ausschreibung an die Tank & Rast GmbH. 

Schnellladepunkte ohne Ausschreibung an Tank & Rast vergeben

In den Jahren 1996 bis 1998 hatte der Bund ohne vorangegangene Ausschreibung (inhouse) mit einer zu 100% in seinem Anteilsbesitz stehenden Gesellschaft eine Vielzahl von Konzessionsverträgen über die Bewirtschaftung von Tankstellen und Raststätten an den Bundesautobahnen geschlossen. In den Folgejahren wurde die Gesellschaft privatisiert und in Tank & Rast umbenannt. Da der Bund gemäß Schnellladegesetz vom 25.06.2021 verpflichtet ist, dem Inhaber einer vorgenannten Konzession die eigenwirtschaftliche Übernahme von Errichtung, Unterhaltung und Betrieb der an diesem Standort geplanten Schnellladepunkte anzubieten, schloss er 2021 ohne Ausschreibung eine entsprechende Ergänzungsvereinbarung mit Tank & Rast und machte diese Vergabe bekannt. Tesla und Fastned, die jeweils Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge betreiben, beantragten daraufhin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Sie halten den Abschluss der Ergänzungsvereinbarung ohne vorherige EU-weite Bekanntmachung für vergaberechtswidrig und die geschlossene Ergänzungsvereinbarung für von Anfang an unwirksam.

Erweiterung der Konzessionsverträge ohne Ausschreibung EU-rechtskonform?

Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen. Die Ergänzung der ursprünglichen Konzessionsverträge sei eine nach§ 132 GWB zulässige Auftragsänderung während der Vertragslaufzeit und daher nicht ausschreibungspflichtig. Jedenfalls sei die Notwendigkeit einer Schnellladeinfrastruktur im Jahr 1998 nicht vorhersehbar gewesen. Gegen diese Entscheidung haben Tesla und Fastned fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt. Das OLG Düsseldorf ist der Auffassung, vor Entscheidung über die sofortige Beschwerde müsse geklärt werden, ob eine Ergänzung der Konzessionsverträge ohne Ausschreibung in Fällen wie dem vorliegenden vergaberechtsgemäß und mit europäischem Recht vereinbar ist. Der EuGH möge klären, ob Art. 72 Abs. 1 Buchst. c) der Richtlinie 2014/24/EU dahingehend auszulegen ist, dass in seinen Anwendungsbereich auch solche öffentlichen Aufträge fallen, die zuvor außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie an eine Inhouse-Einrichtung vergeben worden sind, wenn die Voraussetzungen der Inhouse-Vergabe im Zeitpunkt der Vertragsänderung nicht mehr vorliegen.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.06.2023

Redaktion beck-aktuell, 19. Juni 2023 (ergänzt durch Material der dpa).