Chilenisches Gericht schloss aus Führungsrolle Hopps auf Beihilfe
Nach den Tatsachenfeststellungen der chilenischen Urteile hatte Hopp im Tatzeitraum von 1993 bis 1997 als Arzt das Krankenhaus in Villa Baviera (ehemals Colonia Dignidad) geleitet und war Mitglied deren Führungsspitze. Als solches hatte er das dazu gehörende Intensivinternat mitgegründet. Diese Organisation ermöglichte es dem charismatischen Leiter jener Gemeinschaft, dem zwischenzeitlich in Chile in Strafhaft verstorbenen Paul Schäfer, einige der dort aufhältigen Jungen zu vergewaltigen und andere sexuell zu missbrauchen. Die herausgehobene Stellung, die Hopp in der Organisation inne hatte, veranlasste das chilenische Gericht zu der Annahme, es sei auszuschließen, der Haupttäter Schäfer könne seine Missbrauchstaten ohne Billigung und Unterstützung seitens Hopp begangen haben. Hopp war in Chile letztinstanzlich wegen Beihilfe zur Vergewaltigung in vier Fällen und Beihilfe zum sexuellen Missbrauch von Minderjährigen in 16 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und einem Tag verurteilt worden. Von dem Vorwurf, in sechs weiteren Fällen Beihilfe zum sexuellen Missbrauch geleistet zu haben, war er freigesprochen worden.
OLG: Keine Strafbarkeit nach deutschem Recht – Führungsrolle Hopps nicht ausreichend
Laut OLG genügen die Feststellungen der chilenischen Urteile nicht, um nach deutschem Recht die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Beihilfe zur Vergewaltigung und zum sexuellen Missbrauch oder wegen Strafvereitelung zu erfüllen. Das in dem chilenischen Urteil festgestellte Verhalten Hopps sei nach deutschem Recht nicht strafbar. Es seien keine konkreten Handlungen festgestellt worden, die durch eine Einwirkung auf die äußeren Umstände die Tatbegehung Schäfers zumindest objektiv erleichtert hätten. Den Feststellungen sei auch nicht zu entnehmen, dass Hopp den Tatentschluss oder den Ausführungswillen Schäfers bestärkt hätte, indem er ihm durch sein Verhalten etwa ein Gefühl erhöhter Sicherheit vermittelte. Der Umstand, dass Schäfer zur Tatbegehung die repressiven und autoritären Machtstrukturen der Colonia Dignidad/Villa Baviera genutzt und Hopp über Jahre hinweg deren Führung angehört und damit dieses System gestützt habe, reiche ebenso wenig wie das Mitwirken Hopps bei der Gründung des Internats, um eine Strafbarkeit wegen Beihilfe zu den Taten Schäfers zu begründen.
Keine konkreten Beihilfehandlungen festgestellt
Laut OLG hätte eine Strafbarkeit wegen Beihilfe vielmehr vorausgesetzt, dass sich konkrete Handlungsweisen mit unmittelbarem Bezug zu dem organisierten Tatgeschehen feststellen lassen. Die diesbezüglichen Tatsachenfeststellungen der chilenischen Gerichte belegten indes keine Handlungen Hopps, durch die Schäfer der Zugriff auf die untergebrachten Kinder ermöglicht oder erleichtert worden wäre. Anders als die Mitangeklagten M. und A. sei Hopp auch nicht mit der Auswahl der aufzunehmenden Kinder befasst gewesen, er habe Schäfer keine Kinder zugeführt und habe mit der Leitung des Internats in der Folge nichts zu tun gehabt. Die Leitung des Internats sei dem Mitangeklagten Dr. S. überlassen gewesen. Hopp sei dagegen mit der Leitung der Klinik der Colonia Dignidad/Villa Baviera ein anderer Verantwortungsbereich zugewiesen gewesen.
Keine nachträgliche ergänzende Beweiserhebung
Für eine nachträgliche ergänzende Beweiserhebung zulasten des Verurteilten sah das OLG keine Veranlassung. Eine solche sei insbesondere aus Rechtsgründen nicht durchzuführen gewesen. Denn die Durchführung einer eigenen Bewertung zur Verlässlichkeit von nicht im Urteil wiedergegebenen Tatsachenfeststellungen sei dem Exequaturverfahren grundsätzlich fremd. Das Exequaturgericht sei regelmäßig an die Tatsachenfeststellungen des ausländischen Erkenntnisses gebunden. Ein anders zu beurteilender Ausnahmefall könnte etwa bei offensichtlich falschen tatsächlichen Feststellungen im ausländischen Erkenntnis oder bei groben Verstößen gegen die Grundsätze eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens gegeben sein. Ein derartiger Fall habe hier jedoch nicht vorgelegen, so das OLG.