Klimaneutralität durch Vermeidung oder Kompensationsmaßnahmen möglich
Verbraucherinnen und Verbrauchern wüssten, dass die Neutralität sowohl durch Vermeidung als auch durch Kompensationsmaßnahmen wie Zertifikatehandel erreicht werden könne, so das OLG. Das gelte schon deshalb, weil bekannt sei, dass auch Waren und Dienstleistungen als klimaneutral beworben werden, die – wie beispielsweise Flugreisen – nicht emissionsfrei erbracht werden können und bei denen Klimaneutralität daher nur durch Kompensationszahlungen möglich sei. Ob sich der Begriff der "Klimaneutralität" auf ein Unternehmen als Ganzes oder nur auf ein konkretes Produkt beziehe, sei dabei unerheblich.
Unternehmen muss aber Umstände der Klimaneutralität darlegen
Ein Unterlassungsanspruch könne sich im Einzelfall gleichwohl dann ergeben, wenn der Werbende seine Informationspflicht verletzt, indem er Verbraucherinnen und Verbrauchern eine wesentliche Information vorenthalten hat, fährt das OLG fort. Auf welche Weise die Klimaneutralität eines beworbenen Produktes erreicht werde, stelle eine solche wesentliche Information dar, weil der Klimaschutz für Verbraucherinnen und Verbraucher ein zunehmend wichtiges, den Alltag bestimmendes Thema sei und daher erheblichen Einfluss auf eine Kaufentscheidung haben könne. Gerade weil Verbraucherinnen und Verbraucher wüssten, dass eine ausgeglichene Klimabilanz auch durch Kompensationszahlungen erreicht werden könne, bestehe ein Interesse an der Aufklärung über die grundlegenden Umstände der von einem Unternehmen beanspruchten Klimaneutralität.
Katjes lieferte ausreichende Informationen, Mühlhauser nicht
Während im Fall Mühlhauser weder dessen Werbeanzeige in einer Lebensmittelzeitschrift noch die Produktverpackung einen Hinweis darauf enthielten, wie es zur beworbenen Klimaneutralität kommt, habe Katjes die erforderlichen Informationen in ausreichender Weise zur Verfügung gestellt. Über einen QR-Code in dessen Anzeige in der Lebensmittelzeitschrift habe die Webseite von "ClimatePartner.com" aufgerufen werden könne, welche die erforderlichen Angaben enthielt. Damit habe Katjes - auch mit Blick auf den begrenzten Platz in einer Zeitungsanzeige - seiner Informationspflicht Genüge getan. Im Fall von Katjes hatte das Landgericht Kleve im Juni 2022 die Klage der Wettbewerbszentrale abgewiesen. Im Fall von Mühlhäuser hatte das Landgericht Mönchengladbach im Februar 2022 der Klage der Wettbewerbszentrale stattgegeben. Das OLG bestätigte beide Entscheidungen, ließ aber wegen der grundsätzlichen Bedeutung in beiden Fällen die Revision zum Bundesgerichtshof zu.