Ein nichtehelich geborener Sohn wuchs im gemeinsamen Haushalt seiner Mutter und seines Stiefvaters auf, die noch zwei weitere Söhne bekamen. 1997 errichteten die Eheleute ein gemeinschaftliches Testament, in dem sie sich gegenseitig als Alleinerben einsetzten. Als Schlusserben bestimmten sie "unsere Kinder". Sie regelten auch den Fall der Wiederverheiratung nach dem Tod des Erstversterbenden: Danach sollten dreiviertel des Nachlasses den Kindern als Vermächtnis zukommen.
Nach dem Tod der Frau machte der Mann ein neues Einzeltestament, worin er nur die ehelichen Söhne bedachte. Er behauptete, das sei auch in dem gemeinschaftlichen Testament so gemeint gewesen. Nach seinem Tod bekamen die beiden jüngsten Kinder einen Erbschein. Dieser wurde wieder eingezogen, nachdem sich ihr Stiefbruder dagegen gewehrt hatte. Die Beschwerde seiner Geschwister wurde vom OLG Düsseldorf zurückgewiesen.
Daran bleibt der Vater gebunden: alle drei waren gemeint
Das OLG (Beschluss vom 24.07.2025 – 3 Wx 116/25) hielt die Einziehung des Erbscheins nach § 2361 Satz 1 BGB für rechtmäßig, weil er inhaltlich unrichtig war und die wahre Erbfolge nicht auswies. Schlusserben seien alle drei Kinder zu gleichen Teilen, weil das gemeinschaftliche Testament so auszulegen sei.
Zwar könne man unter "unsere Kinder" auch nur die gemeinsamen Kinder verstehen. Aber der wirkliche Wille ging den Düsseldorfer Richterinnen und Richtern zufolge dahin, auch das Stiefkind zu begünstigen. So würden Kinder, die im gemeinsamen Haushalt leben, in der Regel alle "unsere Kinder" genannt – unabhängig davon, ob sie biologisch von beiden Eheleuten abstammten oder nicht.
Außerdem gab es laut OLG keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Mutter ihren Erstgeborenen von der Erbfolge ausschließen wollte. Vielmehr deute auch die Wiederverheiratungsklausel, die vorsah, den Kindern "drei Viertel" des Nachlasswertes auszuzahlen, auf den Einschluss aller drei Söhne. Das Vorbringen seiner Geschwister, er habe sich "nie wirklich gut" mit seinem Stiefvater verstanden, hielten die Düsseldorfer Richterinnen und Richter für substanzlos.
Das Einzeltestament war dem OLG zufolge nach § 2270 Abs. 1 BGB unwirksam, weil es den Verfügungen im gemeinschaftlichen Testament widerspricht. Sowohl die Einsetzung des Ehegatten zum Alleinerben als auch die Bestimmung der Schlusserben seien wechselbezüglich im Sinne der Regelung: Die Frau hätte ihren Mann nicht zum Alleinerben bestimmt, wenn sie nicht darauf vertraut hätte, dass alle drei Söhne Schlusserben werden. Insoweit sei ihr Mann auch nach ihrem Tod an das Testament gebunden geblieben. Eine Ausnahme kommt dem 3. Zivilsenat nur dann in Betracht, wenn die Eheleute einen Dritten, etwa eine gemeinnützige Organisation, zum Schlusserben eingesetzt hätten. Dann könne die Wechselbezüglichkeit entfallen.