Zweifel am Datum im Empfangsbekenntnis: Gericht darf von Angabe des Anwalts abweichen

Zweifelt das Gericht an dem vom Anwalt angegebenen Zustellungsdatum einer Entscheidung im Empfangsbekenntnis, kann es von ihm Aufklärung fordern, z.B. durch Vorlage des beA-Nachrichtenjournals. Eine Weigerung kann dem OLG Düsseldorf zufolge die Annahme eines anderen Datums rechtfertigen. 

Ein Anwalt erhob für seinen Mandanten Einspruch gegen ein Versäumnisurteil (VU). Gemessen an seinem Empfangsbekenntnis fristgerecht, gemessen an dem Empfangsbekenntnis (EB) seines gegnerischen Kollegen aber drei Tage zu spät. Schon vorher war der Anwalt dadurch aufgefallen, dass ihn das Gericht immerzu auffordern musste, endlich die EBs zurückzusenden. Auf diesen vermerkte er auch manches Mal ein Zustellungsdatum, welches weit später lag als das des gegnerischen Kollegen. Auf die gerichtliche Aufforderung, den Sachverhalt aufzuklären und die Zweifel an dem von ihm erklärten Zustellungsdatum auszuräumen – etwa mit dem beA-Nachrichtenjournal, reagierte der Anwalt patzig: An dem Tag, an dem das VU vom Gericht versendet worden war, habe er als Vater zweier Kinder die zwölftägigen Ferien mit ihnen verbracht. "…weil es in erster Linie darum geht, ein guter Vater zu sein und nur in zweiter Linie darum, die Justiz auf ihre Fehler hinzuweisen."

Das LG Duisburg wies seinen Einspruch als unzulässig wegen Verfristung zurück. Auf seine Berufung zum OLG Düsseldorf (Beschluss vom 27.01.2025 – 3 U 58/24) erging ein Hinweisbeschluss, wonach das Rechtsmittel aller Voraussicht nach erfolglos sein werde.

Erschütterbarer Beweis

Grundsätzlich, so begannen die Düsseldorfer Richterinnen und Richter, gilt das auf dem Empfangsbekenntnis eingetragene Zustellungsdatum als Beweis dafür, dass das Schriftstück auch an dem Datum zugegangen ist. Dieser Beweis lasse sich aber auch erschüttern – zum Beispiel durch ein Vorverhalten, das auf die Unzuverlässigkeit des Rechtsanwalts deute. Dabei stellte das OLG nicht allein darauf ab, dass er das VU eine Woche später als sein gegnerischer Kollege bekommen haben wollte. Aber die häufigen Zeitverzögerungen zwischen Absendung und Zustellung der Gerichtspost, die nur bei ihm, nicht aber bei seinem Kollegen auftraten, seien nicht plausibel.

Vor allem die verspätete Rücksendung der EBs mit den Zustellungsdaten, die einmal sogar einen Monat hinter dem lagen, an dem der Gegnervertreter den Empfang quittiert hatte, ließ beim OLG den Eindruck entstehen, dass der Anwalt es nicht so genau nehme mit seinen Angaben im EB, sondern die Fristen zu Gunsten seines Mandanten verlängere. Das Misstrauen werde insbesondere dadurch genährt, dass er sich weigere, den Sachverhalt weiter aufzuklären und das beA-Journal vorzulegen. Der Hinweis auf die Schulferien der Kinder befeure ebenfalls die Zweifel, weil zu der Zeit, in der das VU versendet wurde, es nirgends in Deutschland zwei Wochen Schulferien gegeben habe.

Welches Datum stattdessen angenommen werden könne, sei eine Frage des Einzelfalls, wobei das OLG betonte, dass die Motivlage des Anwalts für die Nennung eines wohl falschen Datums berücksichtigt werden dürfe.  

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.01.2025 - 3 U 58/24

Redaktion beck-aktuell, rw, 17. April 2025.

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