Bettwanzen selbst eingeschleppt: Rücktritt vom Mietvertrag trotzdem wirksam

Ein Unternehmen mietete regelmäßig eine Wohnung für seine Mitarbeitenden – machte jedoch einen Rückzieher, als dort Bettwanzen auftauchten. Zu Recht, fand das OLG Düsseldorf – selbst wenn die Mitarbeitenden die Parasiten selbst eingeschleppt haben.

Ein Rücktritt ist auch vor Vertragsbeginn zulässig, wenn der Rücktrittsgrund mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eintreten wird. Das hat das OLG Düsseldorf entschieden (Beschluss vom 22.05.2025 – 24 U 227/23). Ein Bettwanzenbefall ist so ein Rücktrittsgrund vor Vertragsbeginn, nämlich wenn die Schädlingsbekämpfung zu Mietbeginn noch nicht abgeschlossen sein würde, so das Gericht. Eine Arbeitgeberin aus Spanien musste somit nicht am Mietvertrag für ihre Mitarbeiterunterkunft festhalten, auch wenn die Mitarbeitenden die Wanzen dort selbst eingeschleppt haben könnten – laut OLG fällt das nämlich in die Kategorie "sozialadäquate Nutzung".

Der Fall drehte sich um eine Gesellschaft mit Sitz in Spanien, die für ihre Mitarbeitenden bis Ende Juli 2022 einen Kurzzeitmietvertrag geschlossen hatte. Dieser sollte eigentlich pünktlich zum 1. August 2022 verlängert werden. Der Folgemietvertrag war bereits geschlossen, als sich ein Bettwanzenbefall zeigte. Der Vermieter veranlasste zwar einen Kammerjäger mit der Bekämpfung, doch noch vor dem Einzugsdatum erklärte die Mieterin per E-Mail den Rücktritt, wobei sie den Bettwanzenbefall als Grund nannte.

Um doch noch Mietzahlungen zu bekommen zog der Vermieter dagegen zunächst vor das LG Wuppertal, das den Mietvertrag zwar als wirksam, die Miete jedoch als in voller Höhe gemindert ansah. Per Hinweisbeschluss hat das zweitinstanzliche OLG Düsseldorf nun erklärt, dass es eine Berufung abweisen werde: Zwar habe das LG Wuppertal fälschlicherweise den Rücktritt außer Acht gelassen, im Ergebnis sei aber dennoch die Mieterin im Recht.

Schädlingsbekämpfung betrifft die Gebrauchstauglichkeit

Der 34. Zivilsenat stellte klar, dass ein Rücktritt vom Mietvertrag auch zulässig sein kann, bevor die vertragliche Leistung – hier die Übergabe durch den Vermieter – fällig ist. § 323 Abs. 4 BGB ermögliche den Rücktritt in solchen Fällen, wenn bereits vor Fälligkeit "offensichtlich" sei, dass ein Rücktrittsgrund eintreten werde. Laut der Rechtsprechung sei der Grund in diesem Sinne offensichtlich, wenn er "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" eintreten werden. Genau so habe es hier gelegen.

Ein Befall mit den blutsaugenden Parasiten sei ein Mangel der Mietsache im Sinne des BGB. Die Mieterin habe davon ausgehen dürfen, dass die Wohnung zum (neuen) Mietbeginn nicht wanzen- bzw. mängelfrei sein würde – und das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit. Jedenfalls sei es ihr nicht zumutbar gewesen, ihre Mitarbeiter in der Zwischenzeit dort unterzubringen. Der Vermieter hatte zwar eingewandt, im Juli – und damit noch vor Mietbeginn - "alles mögliche" für die Schädlingsbekämpfung getan zu haben. Das hielt das OLG jedoch für belanglos. Für das Rücktrittsrecht der Mieterin komme es nicht darauf an, ob der Vermieter den Mangel zu vertreten habe.

"Unerheblich", wer die Wanzen eingeschleppt hat

Der Rücktritt war zulässig – daran ändert für das OLG auch die Möglichkeit nichts, dass die Mitarbeitenden des spanischen Unternehmens die Bettwanzen während der vorherigen Kurzmiete selbst "eingeschleppt" haben könnten. Das trug der Vermieter erfolglos vor. Wie genau es zu dem Befall gekommen sei, sei irrelevant, so das Gericht.  

In der Tat könne der Rücktritt zwar ausgeschlossen sein, wenn die Mieter den Mangel überwiegend selbst verschuldet haben. Man könne ihnen hier allerdings kein Verschulden, nicht einmal fahrlässiges Verhalten vorwerfen. Es reiche schon ein einziges befruchtetes Weibchen im Reisegepäck aus, um einen Befall auszulösen. Dass Wanzen auf diesem Wege in die Wohnung gelangen können, sei Teil des vertragsgemäßen und "sozialadäquaten" Gebrauchs der Wohnung. Ein Zusammenhang mit persönlicher Hygiene bestehe nicht. Effektive Prävention gegen Bettwanzen existiere grundsätzlich nicht, sodass den Mitarbeitenden auch keine entsprechenden Maßnahmen zugemutet werden könnten. 

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.05.2025 - 24 U 227/23

Redaktion beck-aktuell, tbh, 18. Juni 2025.

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