Streit um dreimonatige Kündigungsfrist
Die Klägerin ist eine staatlich anerkannte private Anbieterin von Studiengängen im Bereich Design. Die Beklagte hat dort im September 2016 ein 36-monatiges Bachelor-Studium des Kommunikationsdesigns begonnen. Gemäß § 7 Abs. 1 des Studienvertrages ist dieser jeweils zum Ende eines Studienjahres, erstmals zum 31.08.2017, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten ordentlich kündbar. Mit bei der Klägerin am 26.06.2017 eingegangenem Schreiben kündigte die Beklagte den Studienvertrag "zum 30.06.2017". Die Klägerin bestätigte die Wirksamkeit der Kündigung unter Berufung auf die Regelung im Studienvertrag (erst) zum 31.08.2018, da die dreimonatige Kündigungsfrist für das am 31.08.2017 ablaufende Studienjahr nicht eingehalten sei. Die Beklagte hat dennoch das Studium abgebrochen und ab August 2017 die monatliche Studiengebühr von 490 Euro nicht mehr geleistet.
Unterrichtsvergütung für weiteres Jahr verlangt
Die Klägerin verlangt Zahlung der Unterrichtsvergütung für ein weiteres Jahr. Das Landgericht Leipzig hat der Klage stattgegeben. Die Beklagte hat dagegen Berufung eingelegt; sie hält die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgesehene Kündigungsfrist für unangemessen und die Regelung daher für unwirksam.
OLG hält Studierende für unangemessen benachteiligt
Das OLG hat das Urteil des LG aufgehoben und die Zahlungsklage der privaten Hochschule abgewiesen. Die Kündigung sei zum Ende des laufenden Studienjahres wirksam geworden. Die als Allgemeine Geschäftsbedingung im Studienvertrag getroffene Regelung, wonach eine Kündigung zum Ablauf eines Studienjahres nur bis zum 31.05. möglich sei, hält das Gericht für unwirksam (§ 307 BGB). Studierende würden durch die Kündigungsregelung unangemessen benachteiligt.
Fehlentscheidung bei Berufsausbildung muss ohne gravierende Nachteile korrigierbar sein
Bei der gebotenen Interessenabwägung müsse das Interesse der Studierenden, sich noch ohne erhebliche finanzielle Einbußen von einem Studienvertrag lösen zu können, Beachtung finden. Dabei falle besonders ins Gewicht, dass es sich bei dem Studium um eine Berufsausbildung handelt. Da einerseits die berufliche Tätigkeit der Sicherung des Lebensunterhalts diene und andererseits die Ausübung des erwählten Berufs als besondere Ausprägung des Rechts auf freie Persönlichkeitsentfaltung grundlegende Bedeutung für die individuelle Lebensgestaltung und die soziale Existenz habe, sei die Wahl des Berufs und der Ausbildungsstätte von großer, von der Rechtsordnung anerkannter Bedeutung (Art. 12 Abs. 1 GG). Daher habe das Interesse des Einzelnen an der Auswahl des für ihn richtigen Berufs und der dafür geeigneten Ausbildungsstätte sowie daran, etwaige Fehlentscheidungen ohne gravierende Nachteile korrigieren zu können, hohen Rang und sei auch im Rahmen einer privatrechtlichen Interessenabwägung besonders schützenswert. Das wirtschaftliche Interesse des Studienanbieters an Planungssicherheit müsse demgegenüber zurücktreten.