OLG Dresden: Lange Haftstrafen im Terrorprozess gegen "Gruppe Freital"

Im Prozess gegen die rechtsextreme "Gruppe Freital" hat das Oberlandesgericht Dresden lange Haftstrafen verhängt. Die sieben angeklagten Männer und eine Frau wurden am 07.03.2018 unter anderem wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung, des Herbeiführens von Sprengstoffexplosionen und versuchten Mordes beziehungsweise Beihilfe dazu schuldig gesprochen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig (Az.: 4 St 1/16).

Sprengstoffanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte und politische Gegner

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Gruppe aufgrund rechtsextremer Gesinnung in wechselnder Besetzung und Tatbeteiligung 2015 insgesamt fünf Sprengstoffanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte und politische Gegner in Freital und Dresden verübt hat. Die beiden als Rädelsführer angeklagten Timo S. (29) und Patrick F. (26) wurden zu zehn Jahren sowie neun Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Der zur Tatzeit erst 18 Jahre alte Justin S., der im Prozess umfangreich ausgesagt hatte, erhielt eine Jugendfreiheitsstrafe von vier Jahren. Die einzige Frau in der Gruppe, die 29-jährige Maria K., wurde zu einer Gefängnisstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt. Die übrigen vier Verurteilten im Alter von 27, 30, 39 und 40 Jahren erhielten Freiheitsstrafen zwischen acht und fünf Jahren. Sie alle sitzen bereits seit November 2015 beziehungsweise Frühjahr 2016 in Untersuchungshaft. Damit folgte das Gericht weitgehend der Strafforderung der Bundesanwaltschaft – auch in puncto der nicht unumstrittenen Vorwürfe terroristische Vereinigung und versuchter Mord.

Verfahren mit Signalwirkung

Das Gericht sah sich von Anfang an dem Vorwurf ausgesetzt, dass der Staat an der "Gruppe Freital" ein Exempel statuieren wolle. Fresemann ging gleich zu Beginn der Urteilsbegründung darauf ein: "Das Verfahren ist allein Konsequenz der von ihnen begangenen Taten." Er reagierte damit auch auf Gelächter unter Freunden der Angeklagten im Zuschauerraum. Auch Verteidiger hatten in der Verhandlung zumindest den Versuch gemacht, die Straftaten eher als "Lausbubenstreiche" darzustellen. "Wer hier ein Exempel sieht, verkennt, wer die Opfer sind", sagte der Richter. Der Karlsruher Oberstaatsanwalt Jörg Hauschild sieht in dem Urteil dennoch ein klares Zeichen über die Grenzen Sachsens hinaus. "Das ganze Verfahren hat Signalwirkung", sagte er.

Zehn weitere Ermittlungsverfahren laufen

Nach dem Urteil ist der Fall noch nicht zu den Akten gelegt. Mehrere Verteidiger kündigten Revision an. Zudem laufen Verfahren gegen Unterstützer der Gruppe. Einige von ihnen waren als Zeugen geladen oder saßen zeitweise als Zuschauer im Saal. Zehn Ermittlungsverfahren werden nach Informationen des MDR-Magazins "Exakt" noch bei der Generalstaatsanwaltschaft Dresden geführt. Zwei Verdächtigen wird demnach Mitgliedschaft in der Gruppe vorgeworfen, den anderen Unterstützungshandlungen. Unter den Beschuldigten sollen auch drei Lebenspartnerinnen der Verurteilten und ein Freitaler NPD-Stadtrat sein.

Mögliches Nachspiel für einen Verteidiger

Auch für einen Verteidiger könnte das Verfahren noch ein Nachspiel haben. Anwalt Martin Kohlmann hatte in seinem Plädoyer die Hoffnung geäußert, dass sich sein Schlussvortrag nach einem Systemwechsel einmal strafverschärfend in einem Prozess gegen das Gericht wegen Rechtsbeugung und Freiheitsberaubung auswirken werde. Wenn man die Rechtssprechung des Reichsgerichtshofes lobe und von einem "fünften Reich" schwadroniere, dann sei das "Pflichtvergessen", sagte Fresemann, weil es die Interessen des Mandanten außer acht lasse.

Redaktion beck-aktuell, Jörg Schurig und Martin Fischer, 8. März 2018 (dpa).