OLG Dresden: Darlegungs- und Beweislast für Einbruchdiebstahl in der erweiterten Hausratversicherung

AHBE § 5 Abs. 1e

Von einer bedingungsgemäßen Entwendung ist nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Dresden bei der erweiterten Hausratsversicherung auch dann auszugehen, wenn der Täter nicht nur in ein Kfz eingebrochen ist, um darin befindliche Gegenstände zu entwenden, sondern das Kfz aufgebrochen und es einschließlich Gegenständen entwendet hat. Die im Rahmen der Kfz-Versicherung entwickelten Beweisgrundsätze des «äußeren Bildes» seien in einem solchen Fall auf die Hausratversicherung zu übertragen.

OLG Dresden, Urteil vom 30.10.2018 - 4 U 777/18 (LG Leipzig), BeckRS 2018, 30316

Anmerkung von
Rechtsanwalt Holger Grams, Fachanwalt für Versicherungsrecht, München

Aus beck-fachdienst Versicherungsrecht 25/2018 vom 13.12.2018

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Sachverhalt

Der Kläger begehrt von der Beklagten Leistungen aus einer sogenannten erweiterten Hausratversicherung. Er macht geltend, dass beim Aufbrechen und Entwenden seines Kraftfahrzeugs zugleich auch eine im Fahrzeug befindliche, ihm gehörende Kamera nebst Zubehör entwendet worden sei.

Der beklagte Versicherer lehnte eine Regulierung ab und bestritt mit Nichtwissen, dass sich die Gegenstände im Fahrzeug befunden haben. Das Landgericht gab der Klage statt. Die Berufung des Versicherers blieb erfolglos.

Rechtliche Wertung

Der Kläger habe einen Anspruch auf Zahlung der begehrten Versicherungsleistung, entschied das OLG. Bei der Kamera und dem Zubehör handle es sich gemäß § 1 (1) ABEH 2007 um Sachen, die zum Haushalt gehören. Es handle sich um vom Kläger für private Zwecke angeschaffte Gegenstände.

Die Gegenstände seien durch ein versichertes Ereignis abhandengekommen. Nach den Versicherungsbedingungen setze der Erstattungsanspruch einen versicherten Diebstahl nach einem Einbruch voraus. Dabei reiche es im Rahmen der erweiterten Hausratversicherung nach § 5 (1) e AHBE aus, wenn die versicherten Sachen entwendet werden und zu diesem Zweck in ein Kfz eingebrochen wird. Erst recht sei dann von einer bedingungsgemäßen Entwendung auszugehen, wenn der Täter nicht nur in das Kfz eingebrochen sei, um darin befindliche Gegenstände zu entwenden, sondern das Kfz aufgebrochen und selbst einschließlich der darin befindlichen Gegenstände (mit-) entwendet wurde.

Dies ergebe sich aus der Auslegung der Versicherungsbedingungen nach den Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen, verständigen Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse. Ein solcher werde die Bedingung nicht so verstehen, dass bei einem Einbruch in das Fahrzeug entwendete Sachen nur dann ersetzt werden sollen, wenn das Fahrzeug selbst nicht entwendet wird. Für eine solche Auslegung sprächen auch keine schutzwürdigen Interessen der Versicherung. Versicherungsschutz solle dann gewährt werden, wenn die entwendeten Sachen besonders gegen Entwendung geschützt sind, sei es durch ein verschlossenes Gebäude oder ein verschlossenes Behältnis in einem Gebäude oder wie hier durch ein verschlossenes Kfz. Der Schutz sei dabei nicht stärker oder geringer, wenn das Kfz selbst (mit-) entwendet werde.

Der Kläger habe auch den grundsätzlich ihm als Versicherungsnehmer obliegenden Nachweis einer bedingungsgemäßen Entwendung der Kamera nebst Zubehör erbracht. Dabei seien im Rahmen der Hausratversicherung auch die für den Bereich der Kfz-Versicherung entwickelten Beweisgrundsätze und -erleichterungen herangezogen werden, soweit die Situation des Versicherungsnehmers hinsichtlich der tatsächlichen Schwierigkeiten, den Eintritt des Versicherungsfalles nachzuweisen aufgrund von fehlenden Zeugen oder anderen Beweismitteln im Einzelfall vergleichbar sei. In diesem Fall reiche es aus, wenn er einen Sachverhalt nachweise, der nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf eine vom Versicherungsschutz umfasste Entwendung zulässt. Im Regelfall genüge die Feststellung von Beweisanzeichen, denen hinreichend deutlich das äußere Bild eines bedingungsgemäß versicherten Diebstahls entnommen werden könne (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 08.04.2015 - IV ZR 171/13, r+s 2015, 292; Besprechung von Günther in FD-VersR 2015, 369014). Dieser Beweis könne grundsätzlich auch durch die Angaben eines glaubwürdigen (redlichen) Versicherungsnehmers erbracht werden (vgl. BGH, Urteil vom 17.05.1995 - IV ZR 279/94, r+s 1995, 288). Im vorliegenden Fall sei der Beweis aufgrund einer glaubwürdigen Zeugenaussage als geführt anzusehen.

Der Kläger habe auch den Nachweis geführt, dass die Kamera und das Zubehör infolge eines Einbruchdiebstahls abhandengekommen sind. Nach § 5 (1) e AHBE liege ein versichertes Ereignis bei einem Einbruch in ein durch verschlossene Türen gesichertes Kfz vor. Der Kläger habe in der Schadenanzeige unter «Art der mechanischen Sicherung» angegeben, das Fahrzeug verschlossen zu haben. Auch insofern komme ihm eine Beweiserleichterung zugute, da bei einer Fahrzeugentwendung regelmäßig kein näherer Nachweis dafür erbracht werden könne, dass und auf welche Weise das Fahrzeug vor der Entwendung aufgebrochen wurde. Daher sei von einem Einbruch auszugehen, wenn ein redlicher Versicherungsnehmer glaubhaft vorträgt, das Fahrzeug verschlossen zu haben und dem keine Anhaltspunkte entgegenstehen oder ein hiervon abweichender Tathergang aufgrund von konkreten Indizien hinreichend wahrscheinlich ist.

Praxishinweis

Das Urteil enthält eine instruktive Darstellung der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast.

Eine Besonderheit des Falles liegt in der Wegnahme des Fahrzeugs. Dieses ist selbst natürlich nicht vom Versicherungsschutz der Hausratversicherung umfasst. In der Hausratversicherung ist der Nachweis des äußeren Bildes eines Einbruchs üblicherweise mit vorhandenen Einbruchspuren zu führen. Dies scheidet naturgemäß aus, wenn das Fahrzeug, das das verschlossene «Behältnis» der versicherten Hausratsgegenstände darstellte, selbst ebenfalls entwendet wurde. Insofern erscheint es sachgerecht, die Darlegungs- und Beweisanforderungen aus der Kfz-Versicherung hier anzuwenden.

Redaktion beck-aktuell, 7. Januar 2019.