Zehneinhalb Jahre Haft für mutmaßlichen IS-Deutschlandchef Abu Walaa
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Der mutmaßliche Deutschland-Chef der Terrormiliz Islamischer Staat muss zehneinhalb Jahre ins Gefängnis. Das Oberlandesgericht Celle erklärte den Iraker Abu Walaa am Mittwoch der Unterstützung und Mitgliedschaft in der Terrororganisation für schuldig. Der 37-Jährige und sein Netzwerk hätten junge Leute radikalisiert und in die IS-Kampfgebiete geschickt. Drei Mitangeklagte erhielten Haftstrafen zwischen gut vier und acht Jahren.

Zeitweise Islamisten Anis Amri beherbergt

Abu Walaa war Imam der Moschee des inzwischen verbotenen Vereins "Deutschsprachiger Islamkreis Hildesheim". Der mitangeklagte Deutsch-Serbe Boban S., der acht Jahre Haft erhielt, soll seine Wohnung in Dortmund als Gebetszentrum genutzt und dort auch zeitweise den Islamisten Anis Amri beherbergt haben. Amri verübte 2016 einen Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin, bei dem zwölf Menschen starben.

Selbstmordattentate mit zahlreichen Todesopfern

Im Verlauf des Prozesses beschäftigte sich das Gericht mit einer langen Reihe weiterer Islamisten, die von dem Dortmunder und einem mitangeklagten Mann aus Duisburg im Hinterzimmer von dessen Reisebüro radikalisiert worden sein sollen. Der Duisburger Hasan C. wurde zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt. Zwei der Rekrutierten sollen im Irak Selbstmordattentate mit zahlreichen Todesopfern verübt haben. Der Angeklagte Mahmoud O. wurde zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Wochen verurteilt.

Bundesanwaltschaft forderte elfeinhalb Jahre für Abu Walaa

Für Abu Walaa hatte die Bundesanwaltschaft elfeinhalb Jahre Haft gefordert, für die übrigen Angeklagten zwischen viereinhalb und zehn Jahren. Die Verteidigung hatte dagegen auf Freispruch beziehungsweise deutlich mildere Strafen plädiert.

V-Mann des LKA erhielt keine Aussagegenehmigung

Unbemerkt von den Sicherheitsbehörden blieb das Tun der Gruppe um Abu Walaa nicht. In Dortmund war regelmäßig "Murat" dabei, ein V-Mann des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen, der sich auch an die Fersen Amris heftete. Die Bundesanwaltschaft stützte sich auch auf Informationen dieses V-Mannes, der für den Prozess aber keine Aussagegenehmigung erhielt. Ihr Kronzeuge war ein junger Mann aus Gelsenkirchen, der als Jugendlicher in islamistische Kreise geriet, sich dann aber vom IS abwandte und mit den Behörden zusammenarbeitete.

Verteidigung zweifelt Glaubwürdigkeit des Kronzeugen an

Die Verteidigung zog die Glaubwürdigkeit dieses Kronzeugen jedoch in Zweifel. Dem V-Mann warf sie vor, selbst zu Anschlägen angestachelt zu haben. Die Anschuldigungen der Anklage hielt die Verteidigung im Großen und Ganzen für nicht nachweisbar.

OLG Celle, Urteil vom 24.02.2021 - 4 StE 1/17

Redaktion beck-aktuell, 24. Februar 2021 (ergänzt durch Material der dpa).