Vergangenen Samstag fanden sich auf Initiative der Präsidenten und Präsidentinnen der OLG, des KG, des BayObLG und des BGHs etwa 90 Teilnehmende aus Justiz, Rechtsanwaltschaft und Wissenschaft zusammen, um über die Zukunft des Zivilprozesses zu sprechen. Schon seit Jahresbeginn diskutierten sie unter der Federführung des OLG Düsseldorf und des OLG Celle intensiv und erarbeiteten Vorschläge. In Celle wurden nun die Ergebnisse vorgestellt. Man benötige angesichts einer digitalisierten Welt dringend Reformen, um den Zivilprozess zukunftsfähig zu machen, so Dr. Werner Richter, Präsident des OLG Düsseldorf.
Eine Arbeitsgruppe schlug ein bundeseinheitliches Justizportal als zentrale Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger vor, das die digitalen Dienstleistungen der Justiz einheitlich zusammenfassen solle. Ziel sei es, mit einer "zeitgemäßen und benutzerfreundlichen Kommunikationsplattform" perspektivisch den elektronischen Rechtsverkehr zu ersetzen. Man wolle so den Austausch zwischen den Verfahrensbeteiligten und dem Gericht erleichtern.
Eine weitere Arbeitsgruppe schlug Änderungen im Prozessrecht vor, die den Zivilprozess einfacher und effizienter machen sollen, um langen Verfahrensdauern entgegenzuwirken und "Komplexitäten abzubauen". Durch weitere Spezialzuständigkeiten bei AGs und LGs, aber beispielsweise auch durch die Stärkung der Kammern an den LGs und eine Fortbildungspflicht wolle man eine "höhere Qualität der Rechtsprechung" sichern. Dadurch könne man auch Massenverfahren wie die Diesel-Verfahren, bei Gerichten konzentrieren. Durch mehr Pressearbeit könne die Rechtsprechung zudem transparenter werden.
Wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten reformbedürftig
Eine dritte Arbeitsgruppe forderte, dass wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten neu ausgerichtet werden. Neben der bereits beschlossenen Einführung von sogenannten "Commercial Courts" solle ein besonderer Fokus auf die Stärkung der Kammern für Handelssachen gelegt werden. Man müsse deren Zuständigkeit und Besetzung reformieren, so die Arbeitsgruppe. Ziel sei es auch in diesem Fall, durch Konzentrationen bei Gerichten und Fortbildungen die Spezialisierung der Richterinnen und Richter zu sichern. Grenzüberschreitende Verfahren müssten zudem schnell und effektiv bearbeitet werden, etwa durch die Verfahrensführung auf Englisch und die Möglichkeit, Videoverhandlungen durchzuführen.
Die Ergebnisse werden zeitnah in einem Tagungsband zusammengefasst und veröffentlicht, teilte das OLG Celle mit. Die Diskussion um einen modernen Zivilprozess sei damit aber lange nicht beendet, so Stefanie Otte, Präsidentin des OLG Celle. Die Zivilgerichtsbarkeit bleibe durch immer neue technische Möglichkeiten immer im Wandel. Die Teilnehmenden hofften, dass die Ideen auch Anklang bei der Bund-Länder-Reformkommission finden.
Am Ende der Tagung stehe auch die Frage, ob neben dem BVerfG auch die Zivilgerichtsbarkeit eine Stärkung der Resilienz brauche, um sich vor dem Einfluss demokratiefeindlicher Kräfte zu schützen, so Otte weiter.