Unzumutbarkeit des Reiseantritts entscheidend
In der Reiserücktrittsversicherung liegt ein Versicherungsfall nach den vereinbarten Versicherungsbedingungen unter anderem dann vor, wenn die versicherte Person oder eine mitversicherte Risikoperson von einer unerwarteten schweren Erkrankung betroffen wird. Um dies festzustellen, komme es nicht auf eine konkrete ärztliche Diagnose der Erkrankung an, so das OLG. Entscheidend sei vielmehr, dass eine krankheitsbedingte Symptomatik vorliegt, die den Antritt einer Flugreise unzumutbar erscheinen lässt.
"Durchfallerkrankung erheblicher Ausprägung" macht Reiseantritt unzumutbar
Dies ist laut OLG der Fall, wenn eine Durchfallerkrankung erheblicher Ausprägung vorgelegen habe, die trotz Einnahme von Medikamenten fortbestanden und den Betroffenen überfallartig und ohne Vorwarnung gezwungen habe, vier- bis fünfmal am Tag in unregelmäßigen Abständen die Toilette aufzusuchen. Der Betroffene könne nicht darauf verwiesen werden, dass während des Fluges sowie am Urlaubsort Sanitäranlagen vorhanden seien.
Toilette muss jederzeit aufgesucht werden können
Die Zumutbarkeit des Reiseantritts dürfe nicht mit dessen technischer Durchführbarkeit verwechselt werden, so das OLG weiter. Es sei vielmehr zu berücksichtigen, dass schon bei der Anfahrt zum Flughafen, während des Eincheckens und bis zum Erreichen der Flughöhe nicht jederzeit eine Toilette zugänglich sei. In einem Flugzeug stehe nur eine begrenzte Anzahl von Bordtoiletten zur Verfügung und die Möglichkeit deren Inanspruchnahme sei schließlich auch von den Bedürfnissen der anderen Flugpassagiere abhängig. Jedenfalls bei einer Durchfallerkrankung mit der im vorliegenden Fall festgestellten Symptomatik und einem überfallartig entstehenden Bedürfnis müsse aber die jederzeit mögliche Inanspruchnahme einer Toilette gewährleistet sein. Das sei insbesondere auf einem längeren Flug regelmäßig nicht der Fall, weshalb der Reiseantritt insgesamt unzumutbar und der Versicherer leistungspflichtig sei.