Die Anwälte der Nutzerin eines Musik-Streaming-Dienstes waren mit der – aus ihrer Sicht zu niedrig angesetzten – Streitwertfestsetzung des LG in erster Instanz nicht einverstanden und erhoben eine Streitwertbeschwerde. Hintergrund des Rechtsstreits war eine Klage, die sie als Ausgleich für angebliche zahlreiche Datenschutzverstöße aus gehackten Nutzerkonten gegen die DS-GVO erhoben hatten.
Die Nutzerin verlor den Prozess. Von der ursprünglich geforderten 17.600 Euro ausgehend, setzte das LG den Streitwert auf 11.500 Euro fest (Zahlungsanträge mit 3.000 Euro und 2.000 Euro, einen Feststellungsantrag mit 1.000 Euro, einen Unterlassungsantrag mit 5.000 Euro sowie einen Auskunftsantrag mit 500 Euro).
Verbot der "reformatio in peius": Gilt nicht im Streitwertrecht
Das OLG Celle setzte den Streitwert des LG von Amts wegen auf 5.900 Euro herab (3.000 und 2.000 Euro für die beiden Zahlungsanträge sowie je 300 Euro für die Feststellungs-, Unterlassungs- und Auskunftsanträge) (Beschluss vom 29.04.2024 – 5 W 19/24). "Der im Zivilprozessrecht sonst fast ausnahmslos geltende Grundsatz des Verbots der ‚reformatio in peius‘ gilt im Streitwertrecht grundsätzlich nicht," so die OLG-Richterinnen und Richter weiter.
Der Senat bezog sich auf zwei Vorentscheidungen, in denen er bereits in Verfahren gegen ein anderes Unternehmen wegen "Datenscraping-Vorfällen" den Streitwert herabgesetzt habe. Die Anhörung der Parteien habe die Vermutung geweckt, dass sie kein tieferes Interesse an den über den Schadensersatz hinausgehenden Ansprüchen hätten. Dies bestätige der Gesamteindruck der vielfach erhobenen Klagen: Danach sei es so, dass die jeweiligen Klageanträge auf Feststellung, Auskunft und Unterlassung "mindestens in erster Linie der Anreicherung des Prozessstoffs (und damit der Heraufsetzung des Streitwerts) ohne ein wesentliches eigenes materielles Interesse der jeweiligen Klagepartei dienen".
Zwar könne der Senat hier nicht aus eigener Anschauung beurteilen, ob es sich auch hier um ein Verfahren aus einer Serie von Klagen handele. Allerdings sei der Vorwurf aus der Klageerwiderung unwidersprochen geblieben, die Kanzlei betreibe ein "Massengeschäft, indem sie eine Vielzahl nicht individualisierter Anspruchsschreiben und nachfolgend Klagen einzelner Verbraucher an große international operierende Unternehmen richte(t), um aus einer kriminellen Handlung Dritter, deren Opfer die Beklagte wurde, Profit in Form der Generierung von Anwaltsgebühren zu schlagen".