Gleichgeschlechtliches Paar kämpft für Rechte von queeren Familien

Zwei als gleichgeschlechtliches Paar zusammenlebende Frauen aus dem Landkreis Hildesheim kämpfen dafür, beide vom Staat als Mütter ihrer Tochter Paula anerkannt zu werden. Mit Blick darauf, dass sie bislang nur auf die Möglichkeit der Stiefkindadoption verwiesen worden sind, fühlen sie sich diskriminiert. Es gehe um eine rechtliche Gleichstellung mit heterosexuellen Ehepaaren, erklärte Gesa Teichert-Akkermann (45), die das Kind zur Welt brachte.

Paar sieht in Verweisung auf Stiefkindadoption verfassungswidrige Diskriminierung

Ihre Ehefrau Verena Akkermann (48) sei eine der beiden Mütter, Paula kenne ihre Stimme seit der Schwangerschaft. Nach derzeitiger Rechtslage stehe ihrer Partnerin aber nur das mitunter langwierige Verfahren der Stiefkindadoption offen. Dies ist aus Sicht der Akkermanns eine verfassungswidrige Diskriminierung. Denn bei heterosexuellen Ehepaaren werde der Vater automatisch in die Geburtsurkunde eingetragen, auch wenn das Kind zum Beispiel mit Hilfe einer Samenspende entstanden ist.

Fall wird inzwischen vor dem OLG verhandelt

Am 13.01.2021 beschäftigte sich das Oberlandesgericht Celle mit dem Fall, nachdem Anträge der Familie aus Schellerten in erster Instanz vom Amtsgericht Hannover und Amtsgericht Hildesheim abgewiesen wurden. “Wir haben dem Gericht heute ganz persönlich geschildert, was es für Paula und uns bedeutet, dass queere Familien bei der Anerkennung von Elternschaft diskriminiert werden“, sagte die 45-Jährige nach der mehr als zweistündigen Anhörung. “Wir kämpfen nicht nur für uns selbst, sondern für die Rechte aller Regenbogenfamilien.“ Das Gericht will laut einem Sprecher seine Entscheidung in wenigen Wochen schriftlich übermitteln.

Eltern-Kind-Zuordnung auch auf Ehefrauen anwendbar?

Das Frauenpaar wird von der Rechtsanwältin Lucy Chebout sowie von der Gesellschaft für Freiheitsrechte unterstützt. Der Anwältin zufolge war die entscheidende Rechtsfrage, ob die Regelung zur Eltern-Kind-Zuordnung im Bürgerlichen Gesetzbuch, die sich dem Wortlaut nach auf Ehemänner bezieht, auch auf Ehefrauen angewendet werden kann - oder sogar muss.

Gesellschaft für Freiheitsrechte: Derzeitige Regelung geht zu Lasten der Kinder

Die derzeitige Regelung gehe in erster Linie zu Lasten der Kinder in queeren Familien, erklärte die Gesellschaft für Freiheitsrechte. Das Standesamt hatte es nach der Geburt im Februar 2020 abgelehnt, Verena Akkermann als zweite Mutter in die Geburtsurkunde einzutragen. Paula habe damit rechtlich nur eine Mutter und gegenüber ihrer zweiten Mutter keinen Anspruch auf Unterhalt, Versorgung oder Erbe. Die 48-Jährige benötige selbst für einen Arztbesuch mit der Tochter die Vollmacht ihrer Ehefrau. Dieses Problem stellt sich auch für Paare, bei denen ein Partner keinen Geschlechtseintrag oder einen divers-Eintrag hat.

Justizministerium will Abstammungsrecht reformieren

Nach Auskunft des Bundesjustizministeriums ist eine umfassende Reform des Abstammungsrechts in Arbeit. In einigen Bereichen seien Gleichstellung, Vereinfachung und Entlastung aber so dringend erforderlich, dass sie schon vorab geregelt werden sollen, sagte ein Ministeriumssprecher gegenüber der Presse. So befinde sich ein im Sommer an die anderen Ressorts übersandter Gesetzentwurf derzeit in der Abstimmung innerhalb der Bundesregierung. Im Zentrum dieser Teilreform stehe die Einführung einer gleichrangigen Mutterstellung zweier Frauen kraft Ehe und kraft Anerkennung, sagte der Sprecher.

Redaktion beck-aktuell, Christina Sticht, 14. Januar 2021 (dpa).