Gutachten: Verstorbene litt unter wahnhaften Störungen
Die alleinstehende und kinderlose Multimillionärin hatte durch ein Testament im Jahr 2008 und erneut durch einen vor einem Notar im Jahr 2014 geschlossenen Erbvertrag den langjährigen Steuerberater als alleinigen Erben eingesetzt. Sie verstarb im Jahr 2015. Bereits anlässlich der Erteilung eines Erbscheins hatte das AG Hannover ein psychiatrisches Gutachten eingeholt, das zu dem Ergebnis kam, dass die Verstorbene aufgrund wahnhafter Störungen nicht in der Lage war, wirksam zu testieren. Der Sachverständige hatte zu diesem Zweck der Vernehmung einer Vielzahl von Zeugen beigewohnt, unter ihnen auch Notare und Ärzte. Sein Gutachten hat die Gerichte überzeugt.
Vertrauen in Testierfähigkeit unerheblich
Nachdem das OLG Ende November 2022 auf die fehlenden Erfolgsaussichten der vom Steuerberater eingelegten Berufung hingewiesen hatte, nahm dieser das Rechtsmittel nun zurück. Grundsätzlich sei ein Erblasser unabhängig vom Alter und der Einrichtung einer etwaigen Betreuung bis zum Beweis des Gegenteils als testierfähig anzusehen, so das Gericht. Stelle sich aber heraus, dass er etwa aufgrund einer geistigen Erkrankung nicht testierfähig war, müsse der vermeintliche Erbe alle Nachlassgegenstände an die gesetzlichen Erben herausgeben – und das möglicherweise noch viele Jahre nach dem Erbfall. Vorliegend sei unerheblich, ob der Steuerberater die Testierunfähigkeit der Erblasserin kannte oder auch nur hätte erkennen können oder müssen. Es gehe nicht um einen Vorwurf gegenüber dem Beklagten, jedoch hülfen ihm auch eine mögliche Gutgläubigkeit und ein Vertrauen in die Testierfähigkeit der ihm lange bekannten Erblasserin nicht.