Betriebsschließungsversicherung und Corona: Eintreten bei dynamischer Verweisung auf IfSG

Betriebsschließungsversicherungen greifen in Bezug auf Corona-Schließungen allenfalls ab dem Zeitpunkt, zu dem das Corona-Virus im Infektionsschutzgesetz aufgeführt wurde. Das hat das Oberlandesgericht Celle entschieden. Bei einer dynamischen Verweisung auf §§ 6, 7 IfSG seien Betriebsschließungen versichert, die zum Schutz vor denjenigen Krankheiten oder Krankheitserregern erfolgen, die zum Zeitpunkt der Anordnung im Infektionsschutzgesetz ausdrücklich genannt sind.

Hotelbetreiber begehrt Versicherungsleistungen nach Schließungsanordnungen

Nachdem im vergangenen Jahr aufgrund der Corona-Pandemie Übernachtungen zu touristischen Zwecken in Niedersachsen mehrfach untersagt wurden - zunächst durch Allgemeinverfügung des Landkreises Hameln-Pyrmont vom 18.03.2020 und sodann durch Verordnung des Landes Niedersachsen vom 30.10.2020 - stellte die Klägerin, eine Hotelbetreiberin aus Hameln, den Betrieb für Übernachtungen zu touristischen Zwecken jeweils vorübergehend ein und begehrte Versicherungsleistungen von ihrer Betriebsschließungsversicherung. Dabei berief sie sich auf die Versicherungsbedingungen, die einen Versicherungsschutz gewähren, wenn aufgrund einer "im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheit" eine behördliche Schließungsanordnung erfolgt. In den Versicherungsbedingungen gibt es keine Aufzählung versicherter Krankheiten und Erreger.

Keine Aufzählung, aber dynamische Verweisung

Der für Rechtsstreitigkeiten über Versicherungsverhältnisse zuständige 8. Zivilsenat des OLG Celle hat seine Rechtsprechung zu Betriebsschließungsversicherungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie mit diesem Urteil fortgeführt. Unter anderem am 01.07.2021 hatte er bereits entschieden, dass solche Versicherungen keinen Schutz bieten, wenn Betriebsschließungen nur im Zusammenhang mit abschließend aufgezählten Krankheitserregern versichert sind, das Corona-Virus in dieser Aufzählung aber nicht enthalten ist. Etwas anderes gelte aber, wenn die Versicherungsbedingungen selbst keine solche ausdrückliche Aufzählung enthalten und stattdessen dynamisch auf das Infektionsschutzgesetz verweisen. So sei es hier. Es seien dann alle behördlich angeordneten Betriebsschließungen versichert, die zum Schutz vor denjenigen Krankheiten oder Krankheitserregern erfolgen, die zum Zeitpunkt der Anordnung in dem Infektionsschutzgesetz ausdrücklich genannt sind. 

Versicherungsschutz für zweite Betriebsunterbrechung

Im Hinblick auf die zweite Betriebsunterbrechung stellte der Senat daher den Anspruch auf Versicherungsschutz dem Grunde nach fest. Die durch das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung erlassene Verordnung sei eine behördliche Anordnung im Sinn der Versicherungsbedingungen gewesen. Während die Oberlandesgerichte Schleswig und Hamburg noch entschieden hätten, dass Versicherungsschutz nur in Fällen bestehe, in denen eine aus dem versicherten Betrieb selbst stammende Infektionsgefahr gebannt werden solle, hat das OLG Celle eine solche Einschränkung nun abgelehnt. Auch ob die Verordnung rechtmäßig gewesen sei, könne offenbleiben - der Versicherungsschutz hänge hiervon nicht ab. Dem Schutz stehe schließlich auch nicht entgegen, dass eine Beherbergung von Geschäftsreisenden weiterhin möglich gewesen sei, weil die Versicherung schon bei Teilschließungen eingegriffen habe. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

OLG Celle, Urteil vom 18.11.2021 - 8 U 123/21

Redaktion beck-aktuell, 3. Dezember 2021.