Ein geschiedenes Ehepaar verglich sich vor Gericht über den zu zahlenden nachehelichen Unterhalt. Die Rechtsanwältin der Frau kam von einer Sozietät, in der auch der Ehemann der Richterin arbeitete. Obwohl den beteiligten Juristen das bekannt war, wurde die Richterin nicht wegen fehlender Neutralität abgelehnt. Erst im Abänderungsverfahren, in dem der Mann den Unterhalt mindern wollte, stellte er einen Befangenheitsantrag – vergeblich.
Das OLG Celle hat zwar bestätigt, dass die familiäre Verbindung der Richterin zur Kanzlei der Anwältin grundsätzlich einen Befangenheitsgrund nach § 113 Abs. 1 FamFG in Verbindung mit § 42 Abs. 2 ZPO darstellte: Die Gegenpartei habe Anlass zur Sorge, dass allein die berufliche Nähe die Entscheidung der Richterin beeinflussen könne.
Der Mann habe sein Ablehnungsrecht aber nach § 43 ZPO verloren, weil der Befangenheitsgrund bereits im ersten Unterhaltsverfahren bestanden habe und er keinen entsprechenden Antrag gestellt hatte. Ein Richter muss – soweit die Umstände bekannt sind – stets abgelehnt werden, bevor sich die Parteien zur Sache einlassen. Dieser Rechtsverlust tritt dem OLG zufolge auch ein, wenn – wie hier – ein tatsächlicher und rechtlicher Zusammenhang zwischen dem Ausgangsverfahren und dem zweiten Verfahren, hier dem Abänderungsverfahren, besteht.
Wissen des Anwalts wird zugerechnet
Soweit der Mann eingewandt hatte, dass nur sein Anwalt, aber nicht er selbst die personellen Verflechtungen im Ausgangsverfahren gekannt habe, verwies ihn das OLG auf § 85 Abs. 2 ZPO, wonach ihm das Wissen seines Anwalts zugerechnet wird.