Ein Rechtsanwalt wollte am letzten Abend der Frist eine 75 Seiten starke Berufungsbegründung an das OLG Celle senden, da streikte das beA: Er erhielt die Meldung, dass "die Nachricht nicht an den Intermediär des Empfängers übermittelt" werden könne. Er probierte es bis Mitternacht fünfmal, aber immer ohne Erfolg. Die einschlägigen Internetseiten kannten diese Störung noch nicht – jedenfalls lag sie nicht auf Seiten des Juristen, da er andere Gerichte durchaus erreichte. Erst am nächsten Tag wurde das Problem von der Justiz-IT erkannt.
Der Anwalt beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – und sie wurde ihm auch gewährt (Beschluss vom 03.06.2025 – 14 U 226/24). Das OLG sieht kein Verschulden bei der Fristversäumnis, weil der Übermittlungsfehler im Verantwortungsbereich des Gerichts gelegen hatte. Die ganze Justiz des Bundeslands war zu diesem Zeitpunkt nicht auf dem eigentlich vorgeschriebenen Weg über das beA erreichbar. Der Anwalt habe die Berufungsbegründung auch nicht noch schnell per Fax senden müssen. Eine Pflicht dazu lasse sich aus § 130d S. 2 ZPO jedenfalls dann nicht herleiten, wenn die Störung nicht der Partei des Rechtsstreits zuzurechnen sei.
Im Übrigen sei die Justiz mit Blick auf das im Grundgesetz garantierte Recht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes gehalten, die Anforderungen an das, was ein Anwalt zur Fristwahrung veranlassen muss, nicht zu überspannen. Wenn die Störung in der Risikosphäre des Gerichts liege und für den Anwalt nicht absehbar sei, wann der Fehler behoben sein wird, könne er darauf vertrauen, dass die Kommunikation bis zum Ablauf der Frist wieder funktioniert. Auch habe er die Frist zur Begründung seiner Berufung bis zum Ende ausschöpfen dürfen.