OLG Braunschweig: Richter will Ansprüche gegen VW bei Musterklage "sorgfältig prüfen"

Zu Beginn des Musterverfahrens gegen Volkswagen hat das Oberlandesgericht Braunschweig eine kritische Untersuchung aller bisherigen Urteile zu möglichen Entschädigungen für Dieselkunden zugesichert. Der Vorsitzende Richter Michael Neef betonte am 30.09.2019, man werde frühere Entscheidungen anderer Gerichte "sorgfältig prüfen". Er nannte dabei zwei "zentrale Fragen", die der Senat in den kommenden Wochen zu bewerten habe.

Gericht: Schaden "nicht so offenkundig"

Gegen mögliche Ansprüche von VW-Dieselkunden könnte etwa sprechen, dass ein Schaden durch manipulierte Abgaswerte nicht "zutreffend vermittelt" worden sei. "Immerhin wurden die Fahrzeuge in der großen Zahl der Fälle weiter genutzt", sagte Neef. Ob also die Abgas-Software oder erst die anschließenden Diesel-Fahrverbote einen Schaden hervorgerufen hätten, sei noch nicht geklärt. "Dass ein Schaden entstanden ist, scheint uns jedenfalls nicht so offenkundig."

Vermögensgefährdung durch drohende Stilllegung?

Außerdem müsse man erörtern, ob allein durch die drohende Stilllegung eines Dieselautos schon eine Vermögensgefährdung eingetreten sei – "durch den bloßen Umstand, dass die Fahrzeuge beschlagnahmt werden könnten". Klagende VW-Kunden müssten sich zudem darauf einstellen, im Erfolgsfall eine Entschädigung mit der bisherigen Nutzung des Autos verrechnen zu müssen: "Uns will es nicht einleuchten, dass die Fahrzeuge über Jahre kostenlos genutzt werden durften", sagte Neef.

Klage stellvertretend für rund 470.000 Dieselkunden

Am OLG Braunschweig stehen sich seit dem 30.09.2019 VW und der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) in einem Musterverfahren gegenüber. Der vzbv klagt dabei stellvertretend für rund 470.000 Dieselkunden, die sich von VW getäuscht sehen und Schadenersatz verlangen.

Redaktion beck-aktuell, 30. September 2019 (dpa).