Erneute Überprüfung der Wiederaufnahme des Strafverfahrens gegen Winterkorn
Lorem Ipsum
Frank / stock.adobe.com

Ex-Volkswagen-Chef Martin Winterkorn muss sich im Dieselskandal möglicherweise doch wegen Verstößen gegen das Wertpapierhandelsgesetz vor Gericht verantworten. Das Oberlandesgericht Braunschweig hat mit Beschluss vom 19.04.2022 entschieden, dass das Landgericht Braunschweig erneut über die Wiederaufnahme des Strafverfahrens entscheiden muss (Az.: 16 KLs 75/19). Die zugrunde liegende Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Einstellung des Verfahrens war mithin erfolgreich.

Staatsanwaltschaft beantragt Wiederaufnahme

Die 16. große Strafkammer des LG Braunschweig hatte das Verfahren im Januar 2021 wegen einer erheblich höheren Strafandrohung und -erwartung in einem weiteren gegen Winterkorn bei der 6. Strafkammer des LG anhängigen Verfahren wegen Betrugs im Zusammenhang mit dem Einbau von Dieselmotoren (so genanntes  NOx-Verfahren) eingestellt. Nachdem die 6. Strafkammer das Verfahren jedoch abgetrennt und zu erkennen gegeben hatte, die Verhandlung erst nach Abschluss des Verfahrens gegen die ehemaligen Mitangeklagten beginnen zu wollen, hatte die Staatsanwaltschaft die Wiederaufnahme des Verfahrens bei der 16. großen Strafkammer beantragt.

LG lehnte Wiederaufnahmeantrag ab

Diesen Antrag hatte die 16. große Strafkammer des LG mit der Begründung abgelehnt, dass die Gründe, die zu einer Einstellung des Verfahrens geführt hätten, weiter vorlägen, und die zeitliche Verschiebung der Hauptverhandlung in dem Betrugsverfahren bei einer Gesamtabwägung nicht entscheidend ins Gewicht falle. So könne die 6. Strafkammer unter anderem auf die Erkenntnisse aus dem gegenwärtig geführten Verfahren gegen die weiteren Angeklagten zurückgreifen.

OLG: Zugrunde liegende Erwartung hat sich nicht erfüllt

Das OLG hat diesen Beschluss nun aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an das LG zurückgegeben. Die 16. große Strafkammer des LG habe bei ihrem Beschluss nicht alle maßgeblichen Umstände berücksichtigt, so die Begründung. Der damaligen Einstellungsentscheidung habe insbesondere die Erwartung zugrunde gelegen, dass Winterkorn am Ende einer im Februar 2021 beginnenden Hauptverhandlung wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges verurteilt werde. Die Erwartung des Beginns der Hauptverhandlung zum damaligen Zeitpunkt habe sich aufgrund der Abtrennung und damit einhergehenden Verschiebung gegen ihn indessen nicht erfüllt.

Strafmilderung und Verjährung möglich

Zudem sei zu erwarten, dass sich die Verschiebung strafmildernd auswirke. Daher habe die Strafkammer zu überprüfen, ob die Annahme weiterhin gerechtfertigt sei, die zu erwartende Strafe in dem Betrugsverfahren rechtfertige die Einstellung des hiesigen Verfahrens. Auch habe sich das LG nicht ausreichend mit einer – aufgrund der zeitlichen Verzögerung – drohenden Verjährung des eingestellten Verfahrens auseinandergesetzt.

Wiederaufnahmefrage noch nicht entschieden

Das OLG Braunschweig hat mit seinem Beschluss nicht abschließend über die Frage entschieden, ob das Verfahren wiederaufzunehmen ist. Diese Entscheidung sei allein von dem Gericht zu treffen, das die Einstellung beschlossen hat. Das LG werde aber aufgrund der Entscheidung des OLG erneut über den Antrag der Staatsanwaltschaft zu entscheiden haben, so das OLG Braunschweig abschließend.

Miriam Montag, Redaktion beck-aktuell, 22. April 2022.